Linux-Magazin-Logo Die Zeitschrift für Linux-Professionals

Leser fragen, der Linux-Magazin-Ratgeber antwortet

Recht einfach

Fred Andresen

Urheberrecht, Verträge, Lizenzen und so weiter: In der Serie "Rechts-Rat" erhalten Linux-Magazin-Leser verständliche Auskünfte zu Rechtsproblemen des Linux-Alltags.

In dieser Ausgabe geht's um das neue Patentrecht, noch einmal um Urheberrecht in der Schule und um freie Software in öffentlichen Büchereien.

Beunruhigt durch Softwarepatente

Ich nutze privat ausschließlich freie Software und bin daher an einer weiteren positiven Entwicklung in diesem Bereich interessiert. Mich beunruhigt die Berichterstattung zum neuen EU-Richtlinienvorschlag über die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen [1]. Softwarepatent-Gegner sehen Weltuntergangsszenarien voraus, Befürworter jammern über die ihrer Ansicht nach zu schwache Version des Europäischen Parlaments. Nach einer sachlichen Berichterstattung sucht man vergebens. Zu den wenigen positiven Ausnahmen gehören einige Artikel von IfrOSS [2] und ein Artikel im Linux Magazin [3]. Meine Fragen im Einzelnen:

1. Wie ist der aus den Erwägungsgründen übernommene neue Artikel 4a Abs. 1 zu bewerten. Bestätigt er die momentane Rechtssituation?

2. Sind die Einschränkungen von Artikel 4a Abs. 2 ausreichend, um Trivialpatente zu verhindern?

3. Wie sind die Programmansprüche aus Artikel 5 Abs. 2 zu bewerten, auch im Hinblick auf 4a Abs. 1?

4. Aus den Erwägungsgründen 13a bis 13d sollen weitere Einschränkungen der Patentierbarkeit abgeleitet werden. Welche Bedeutung haben diese Erwägungsgründe in Hinblick auf ihre geringere Verbindlichkeit?

Michael F.

Zur ersten Frage: Artikel 4a Abs. 1 bestätigt (mit der Klarstellung in Abs. 2) die derzeitige Rechtslage. Computerprogramme waren - wie auch Geschäftsmethoden und reine Ideen - nicht patentfähig. Leider weicht die Praxis der Patentämter in letzter Zeit davon ab, weil effektiver Rechtsschutz fehlt.

Der gesamte Bereich der Datenverarbeitung sollte ursprünglich dem Patentrecht entzogen bleiben, weil es hier um reine mathematische Formeln und Modelle geht, die schon früher nicht schützbar waren. Weil ein Patent zugunsten des Halters in den Wettbewerb eingreift, dürfen grundlegende "Bedienungsanleitungen" nicht Einzelnen vorbehalten sein. Andererseits werden neben Erzeugnispatenten, die einzelne Produkte vor Nachbau schützen, auch Verfahrenspatente erteilt, die Herstellungsverfahren, also Anleitungen schützen.

Um die schutzwürdigen Anleitungen von den nicht schutzwürdigen abzugrenzen, bedurfte es des Merkmals der "Technizität", also der Beherrschung von Naturkräften unter Ausschluss des menschlichen Verstandes. Weil ein Computerprogramm stets nur auf dem technischen Gerät Computer ablaufen kann, folgerten Argumente, dass es sich bei den Methoden der computergestützten Datenverarbeitung um einen technischen Vorgang handelt. Weil darüber trotz der Praxis der Patentämter noch nicht Rechtssicherheit herrschte, wollten einzelne Interessengruppen die computerunterstützte Datenverarbeitung per Gesetz als technischen Vorgang definieren. Das ist Gegenstand der Diskussion über den EU-Richtlinienvorschlag, der die "computerimplementierte Erfindung" konkret benennt und als grundsätzlich patentierbar bestimmt.

Diese grundsätzliche Patentfähigkeit schränkt der Vorschlag dadurch ein, dass er "Programme als solche" vom Patentschutz ausschließt. Dieser Ausschluss führt zu meiner - in der Community zugegeben umstrittenen - Ansicht, dass sich an der Rechtslage eigentlich nichts ändert, denn Patente durften auch bisher ausschließlich für die (technische) Gesamtlösung erteilt werden, ob nun ein Computerprogramm beteiligt ist oder nicht.

Zur zweiten Frage: Würden Patente auf Programme als solche erteilt, ginge es genau genommen nicht um ein Trivialpatent, sondern vielmehr um ein falsches Patent. Trivialpatente sind dem Wortsinn nach eher durch die Erfordernis der Neuheit oder des erfinderischen Schrittes ausgeschlossen.

Zur dritten Frage: Die Formulierung des Artikels 5 halte ich für missglückt. Absatz 1 soll den Patentanspruch auf entweder einen Erzeugnis- oder einen Verfahrensanspruch beschränken, lässt es aber durch die Formulierung offen, jedem Computerprogramm den Verfahrensschutz zu gewähren. Die Rechtsprechung müsste sicherstellen, dass aus Artikel 5 keine alleinige Anspruchsvoraussetzung herzuleiten ist.

Zur vierten Frage: Die Erwägungsgründe sollen keine weiteren Einschränkungen über den Wortlaut der Richtlinie hinaus gestatten, sondern dienen den Patentämtern und der Rechtsprechung zur Auslegung der Vorschriften. Besonders die Ziffern 13a bis 14 stellen klar, dass die bisherige Rechtslage aufrecht bleibt.

Ob die durch die Richtlinie klargestellte Rechtslage an der Praxis der Patentämter etwas ändert, wird sich zeigen.

Urheberrecht in der Schule

Bestandteil meiner (bestandenen) Abiturprüfung war eine besondere Lernleistung aus drei Komponenten: Neben dem praktischen Teil, der Erstellung einer zweisprachigen Internetpräsenz meiner Schule, eine theoretische Ausarbeitung zu dieser Homepage sowie ein Kolloquium. Die Veröffentlichung der theoretischen Abhandlung habe ich von vornherein untersagt, daneben habe ich der Schule untersagt, die inzwischen auf dem sächsischen Bildungsserver genutzte Website weiter zu verwenden.

Nun drohen einige Mitglieder des Lehrkörpers mit rechtlichen Konsequenzen, da meine Arbeit der Schule "gehöre". Ich bin aber der Meinung, ich sei Urheber der Website, da ich diese allein erarbeitet habe.

Daniel K.

An Ihrer Urheberschaft dürften keine Zweifel bestehen. Die Schule macht aber wohl ein einfaches Nutzungsrecht an Ihrer Arbeit geltend. Der Standpunkt, dass Arbeiten der Schüler der Schule gehören, ist grundsätzlich richtig. Leider herrscht bei Lehrern und Schulbehörden aber oft Unklarheit über die Zweckbindung dieser Arbeiten. Arbeiten, die Schüler abgeben, sind Leistungskontrollen, anhand derer die Schule den Ausbildungsstand prüft. Aus diesem Grund gehen die einzelnen Exemplare der Arbeiten tatsächlich ins Eigentum der Schule beziehungsweise deren Rechtsträger, zum Beispiel Land oder Gemeinde, über. Das betrifft aber nur das einzelne, abgelieferte Exemplar. Weiter gehende Nutzungsrechte, insbesondere Veröffentlichungs- oder Verfielfältigungsrechte sind damit nicht verbunden, weil das vom Zweck der Leistungskontrolle nicht mehr gedeckt ist. Diese Rechte verbleiben beim Urheber.

Die Schule hat also kein Recht, sich durch die Arbeit der Schüler zu finanzieren. Die Sach- und Finanzausstattung der Schulen ist Aufgabe des Bildungsträgers. Natürlich besteht für Schulen und Schüler die Möglichkeit, eine Übertragung von Nutzungsrechten zu vereinbaren, die über den schulischen Zweck hinausgehen. Das kann jedoch nur als privatrechtliche Vereinbarung zwischen Gleichberechtigten geschehen, eine Vereinnahmung von Amts wegen ist daher unzulässig.

Haben Sie mit der Schule also vorab keine Vereinbarung getroffen, wonach sie die Internetpräsenz über den eigentlichen Zweck (besondere Lernleistung) hinaus nutzen darf, müssen Sie keine rechtlichen Konsequenzen befürchten. In der bloßen Art der Arbeit, nämlich die einer Homepage für die Schule, liegt meiner Ansicht nach keine Vereinbarung über ein Nutzungsrecht.

Im Zweifel ist das Thema der Homepage nur ein Beispiel, da Sie jede Arbeit inhaltlich auf irgendeine Weise ausstatten müssen. Bestehen keine ausdrücklichen Vereinbarungen und haben Sie keine Vergütung erhalten - was bei einer Prüfungsarbeit ohnehin bedenklich wäre -, kann die Schule kein Nutzungsrecht geltend machen.

Freie Software in der Bücherei

Ich bin vor nicht allzu langer Zeit auf die Idee gekommen, dass öffentliche Büchereien freie Linux-Distributionen oder sonstige freie Software anbieten könnten. Ein Artikel von mir zu diesem Thema liegt unter [4].

Bestehen rechtliche Bedenken, wenn eine öffentliche Bibliothek ein Knoppix- oder Open- Office-Image aus dem Internet lädt, auf CD brennt und ihren Benutzern anbietet? Oder sollte man vielleicht stattdessen einen günstigen Deal mit einer Firma abschließen, die solche CDs vertreiben, um sich rechtlich abzusichern?

Jens D.

Die Lizenzen, unter denen freie Software steht, etwa die GPL oder vergleichbare Lizenzen[5], gestatten jedermann, die Programme beliebig zu vervielfältigen und weiterzugeben. Dieses Recht beschränkt sich nicht auf Privatleute oder kommerzielle Unternehmen, sondern steht auch öffentlichen Büchereien zu. Wie jeder andere auch müssen Bibliotheken lediglich die Lizenzbestimmungen beachten, also zum Beispiel Zugang zum Quellcode der Programme gewähren oder die Lizenz selbst unverändert weitergeben. (mhu)

Mailen Sie uns Ihre Fragen!

Im monatlichen Wechsel mit aktuellen Fachbeiträgen lässt das Linux-Magazin in der Serie "Rechts-Rat" Leserfragen durch einen Rechtsanwalt kompetent beantworten. Was immer Sie beschäftigt oder ärgert oder was Sie einfach nur wissen möchten: Schreiben Sie eine entsprechende E-Mail an die Adresse: [rechtsrat@linux-magazin.de].

Die Themen dürfen dabei von Softwarelizenzen bis zum Hardwarekauf reichen. Die Redaktion behält es sich vor, abgedruckte Zuschriften zu kürzen und eventuell enthaltene persönliche Daten zu ändern.

Infos

[1] Entwurf SW-Patent-Richtline: [http://register.consilium.eu.int/pdf/ de/04/st09/st09713.de04.pdf]

[2] IfrOSS-Homepage: [http://www.IfrOSSde]

[3] Fred Andresen, "Patente im Halbdunkel": [http://www.linux-magazin.de/Artikel/ausgabe/2002/10/recht/recht.html]

[4] Open Source in der Bibliothek: [http://www.linux-fuer-alle.de/ doc_show.php?docid=225]

[5] Freie Lizenzen: [http://www.germany.fsfeurope.org/documents/freesoftware.de.html]

Der Autor

RA Fred Andresen ist Mitglied der Rechtsanwaltskammer München und der Arbeitsgemeinschaft Informationstechnologie im Deutschen Anwaltverein (DAVIT).