Linux-Magazin-Logo Die Zeitschrift für Linux-Professionals

Zahlen & Trends

Realtime-Initiative von Montavista

Der Embedded-Linux-Spezialist Montavista hat eine Serie von Kernelpatches eingereicht, die Linux um harte Echtzeitfähigkeit erweitern sollen. Erfahrungsgemäß stehen Linus Torvalds und andere Kernelentwickler einer Integration solcher Patches in den Standardkernel allerdings eher zurückhaltend gegenüber.

Gleichzeitig rief Montavista unter [http://source.mvista.com] eine Initiative ins Leben, um zusammen mit freien Entwicklern die Echtzeitfähigkeit von Linux weiter zu verbessern. Das Unternehmen erhofft sich davon, die Latenzzeiten, die derzeit im ungünstigsten Fall im Millisekunden-Bereich liegen, auf die Größenordnung von einigen zehn Mikrosekunden zu reduzieren.

Damit würde Linux interessanter für den Einsatz zum Beispiel in Mobiltelefonen und der Steuerungselektronik von Autos oder in der Fertigungsindustrie.

Red Hats neue Europazentrale in München

Red Hat verlegt seinen europäischen Hauptsitz vom eng-lischen Surrey nach München. Damit will das Unternehmen vor allem näher an die mittel- und osteuropäische Märkten heranrücken, die zunehmend an Bedeutung gewinnen.

"Für die Kernmärkte in West- und Mitteleuropa sowie in Großbritannien werden die Schwerpunkte neu gesetzt", sagt der für den weltweiten Vertrieb zuständige Red-Hat-Manager Alex Pinchev. Neben der Zentrale für Verkauf, Dienstleistungen und Marketing soll in Dornach im Münchner Osten auch ein Schulungszentrum entstehen. Die englische Niederlassung gründete Red Hat im Jahr 1999.

In Europa gibt es zahlreiche Filialen, die älteste in Deutschland ist die in Stuttgart. Sie entstand, als Red Hat 1999 die Firma Delix kaufte, den Hersteller der "Deutschen Linux Distribution" (DLD).

Studie zu Linux in deutschen Unternehmen

Gut 50 Prozent aller deutschen Unternehmen, die mehr als 1000 Mitarbeiter beschäftigen, haben Linux im Einsatz. Das ergab eine Studie der Unternehmensberatung Meta Group, deren erste Ergebnisse Senior Consultant Eduard Stupening auf der IT-Messe Systems in München vorstellte.

Die Studie beruht auf der repräsentativen Befragung von 354 IT-Leitern deutscher Firmen; berücksichtigt wurde dabei eine Unternehmensgröße ab 50 Mitarbeitern. Vor allem bei kleineren Unternehmen mit 50 bis 99 Mitarbeitern ist die Lage ganz anders, dort nutzen nur etwa zwölf Prozent das freie Betriebssystem. Insgesamt hat Linux schon ein Fünftel aller deutschen Unternehmen ab 50 Mitarbeitern erreicht.

Das vorrangige Einsatzgebiet bleibt der Server, wobei immerhin 70 Prozent der Befragten IT-Entscheider derzeit oder beim künftigen Einsatz bis 2006 Linux auch businesskritische Aufgaben zutrauten, die über die bisherigen Domänen Mail-, Web-, Fileserver oder Firewall hinausgehen. Etwa die Hälfte der befragten IT-Manager bezeichnete sich selbst als Sympathisanten der OSS-Community, 35 Prozent als überzeugte OSS-Anwender.

40 Prozent der Befragten lassen sich in ihren Entscheidungen jedoch nur von einem Geschäftsplan leiten. Auch Linux auf dem Unternehmensdesktop sieht die Meta Group nicht mehr so chancenlos wie noch in einer Studie vor zwei Jahren. Die Hälfte der befragten Linux-Anwender kann sich einen Einsatz auf dem Desktop bis 2006 vorstellen. Als Problem wird - wenig überraschend - mangelnde Kompatibilität zur Windows-Welt am häufigsten genannt.

Einen Wermutstropfen hält die Studie für Linux-Dienstleister bereit: Open-Source-Projekte werden überwiegend mit internen Ressourcen durchgeführt, die Leistungen externer Supportanbieter beurteilten die Befragten oft als unzureichend.

Ein Fünftel aller deutschen Unternehmen setzt Linux ein. Größere Firmen haben jedoch klar die Nase vorn. (Quelle: Meta Group)

Microsoft verliert FAT-Patent

Das US-amerikanische Patent- und Markenamt hat einen von Microsofts Patentansprüchen auf das FAT-Dateisystem für ungültig erklärt. Das ist das Ergebnis einer nachträglichen Prüfung, die die Public Patent Foundation (PUBPAT) im April 2004 beantragt hatte.

Das Patent für "Common Name Space for Long and Short Filenames" hielt der amtlichen Prüfung nicht stand, da die beschriebenen Verfahren schon vor der Einreichung im April 1995 üblich waren. Jedoch beansprucht Microsoft noch weitere Patente auf das Dateisystem. FAT gewann in den letzten Jahren durch die große Popularität von Flash-Memory wieder an Bedeutung. Herstellern, die ihre Speichermedien damit vorformatieren wollten, hatte Microsoft Lizenzen angeboten.

"Ich hoffe, die Firmen, die eine Lizenz von Microsoft erworben haben, haben eine Klausel ausgehandelt, mit der sie sich ihr Geld zurückholen können", kommentiert Dan Ravicher, Geschäftsführer von PUBPAT die Entscheidung. Der Softwareriese hat allerdings die Möglichkeit, Widerspruch gegen den Beschluss einzulegen.

Nachgiebige Hoster

Die Organisation "Bits of Freedom" [http://www.bof.nl] stellte das Rechtsverständnis von Hostern und ISPs auf die Probe: Die Aktivisten eröffneten bei zehn niederländischen Anbietern Webaccounts und stellten dort einen historischen Text online. Es handelte sich um eine Abhandlung des Künstlers Eduard Douwes Dekker alias Multatuli aus dem Jahre 1871, deren Copyright längst erloschen ist: Douwe Dekker starb am 19. Februar 1887. Von einem Hotmail-Account schrieb die Gruppe danach die Hoster an, gab sich als Vertreter der Rechteinhaber aus und forderte die Entfernung des Textes. Sieben der zehn Anbieter entsprachen der Aufforderung ohne weitere Überprüfung.

Als standhafter erwies sich UPC Nederland: Der Provider betonte in seinem Antwortschreiben, dass er auf eine E-Mail von einem anonymen Webmail-Konto nicht reagieren werde, und bat um weitere Informationen. Der Hoster XS4All ließ die Urheberrechte durch einen Anwalt prüfen und wies daraufhin die Anfrage zurück.

Das Copyright an E.D. Dekkers Werken ist längst erloschen - was manche Hoster nicht hinderte, vermeintlichen Ansprüchen nachzugeben.

Novell will sich durch Patente verteidigen

Novell hat angekündigt, sein Patent-Portfolio zu nutzen, um Open-Source-Produkte zu schützen, die das Unternehmen anbietet. Dazu zählen der Linux-Kernel, die Pakete der Suse-Distribution und die Produkte von Ximian. Der Konzern veröffentlichte dazu eine Patent Policy, die vorsieht Patente zur Verteidigung zu benutzen, wenn Ansprüche an den Linux-Kernel oder andere freie Software gestellt würden, die die Firma im Angebot hat.

Im Falle eines Patentanspruchs will Novell dann dieselben Mittel nutzen, die bei proprietärer Software zum Einsatz kommen, wenn diese der Patentverletzung bezichtigt wird. Novells Rechtsexperte Joseph LaSala betonte: "Die Risiken hinsichtlich geistigen Eigentums sind bei Open-Source-Software kaum anders als bei proprietärer Software." Novell kommt es vor allem darauf an, im Bereich von Mixed Source vor Ansprüchen anderer sicher zu sein, also in Umgebungen, wo Linux oder andere freie Software zusammen mit proprietären Angeboten kombiniert ist.

Novell ist nicht das einzige Unternehmen, das Open-Source-Entwicklungen mit Patenten gegen Patente schützen will. Auch Red Hat beantragt Softwarepatente für bestimmte Entwicklungen. Red Hat verspricht in seiner Patent Policy explizit, niemals gegen Software vorzugehen, die unter der GPL oder anderen Open-Source-Lizenzen steht.

Mandrake in Afrika

Der Linux-Distributor Mandrake beteiligt sich an einem Projekt des französischen Außenministeriums, das die Entwicklung von Informationstechnologie in Afrika fördern soll. Die Inititiative Aden [http://www.africaden.net] wird in 13 Staaten südlich der Sahara rund 60 öffentliche Internetstationen aufbauen. Außerdem schult das Aden-Projekt das Personal der örtlichen Träger, das die Informationszentren betreiben und IT-Kurse für die Bevölkerung durchführen wird.

Die Internetstationen werden Aden-Mandrakelinux einsetzen - eine angepasste Version der französischen Linux-Distribution, in die auch das Feedback der afrikanischen Mitarbeiter vor Ort eingehen soll. Das Paket soll erstmals im November in Yaoundé, der Hauptstadt von Kamerun, vorgestellt werden. Danach steht die Distribution auf den Mandrake- und Aden-Websites zum kostenlosen Download bereit.

Erklärtes Ziel des Projekts ist es, die digitale Kluft zwischen Nord und Süd zu überwinden und die interkulturelle Kommunikation zu fördern. Zurzeit stammt weniger als ein Prozent aller Webinhalte aus Afrika.

Das Aden-Projekt will Internetstationen in Afrika aufbauen.

Was kostet der Kernel

Der Kernelentwickler David A. Wheeler hat in einem Artikel auf seiner Website versucht die Kosten abzuschätzen, die angefallen wären, wenn der Linux-Kernel kommerziell entwickelt worden wäre, und kam auf etwa 612 Millionen US-Dollar.

Ausgangspunkt war ein Posting auf der Kernel-Mailingliste, in dem ein Jeff V. Merkey anbot, 50000 Dollar zu zahlen, wenn ein Snapshot eines stabilen Kernels unter die BSD-Lizenz gestellt würde. Damit wäre es möglich, den Code in proprietäre Software einzubetten oder das System zu verkaufen, ohne den Quellcode mitzuliefern und Empfängern der Software die Modifikation und Weitergabe zu gestatten, wie es die GNU General Public License vorschreibt.

Das Angebot wurde auf der Kernel-Mailingliste allgemein als inakzeptabel angesehen. Hinzu kommt, dass jeder der am Kernel beteiligten Entwickler sein Einverständnis dazu geben müsste, was angesichts der Vielzahl der Entwickler und ihrer Verbundenheit mit freier Software als unrealistisch angesehen werden kann.

David Wheeler nutzte das Posting und die nachfolgende Diskussion aber als Anregung, mit einem von ihm geschriebenen Tool die Entwicklungskosten des Kernels abzuschätzen. Er bediente sich dabei der Methodik von Barry Boehm, der in seinem Buch "Software Engineering Economics" für solche Berechnungen ein Constructive Cost Model (COCOMO) vorschlägt. Es berücksichtigt in einer komplexen Formel zahlreiche Faktoren, zum Beispiel die Verlässlichkeit der Software, die Komplexität oder den Grad der Hardware-Abhängigkeit.

Die von David Wheeler ermittelten 612 Millionen Dollar liegen beträchtlich höher als die 176 Millionen, die Ingo Molnar, Kernelentwickler bei Red Hat, zuvor auch mit Wheelers Tool errechnet hatte. In dem Artikel "The Linux Kernel, Its worth more!" [http://www.dwheeler.com/essays/linux-kernel-cost.html] führt David Wheeler das darauf zurück, dass Molnar ein vereinfachtes COCOMO-Modell eingesetzt hat. (uwo)

David A. Wheeler berechnete den Wert des Linux-Kernels auf über 600 Millionen Dollar.