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Spamfilter und das Verbot der DatenunterdrückungLeeren verboten!Fred Andresen |
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Bei Briefen und Paketen weiß jeder Bescheid: Das Postgeheimnis ist fast unantastbar. In diesem Bereich ist das Verhältnis von unerwünschter Werbung und echter Post noch harmlos - ganz anders bei der elektronischen Variante. Wer seine Mails vor lauter Werbung nicht übersehen will, wird nach allen Regeln der Kunst filtern und glücklich sein, wenn Provider oder Arbeitgeber schon ausgedünnte Mailboxen bereitstellen. Wer so aussortiert, läuft aber nicht nur Gefahr, echte Mails als vermeintlichen Spam auszusondern, sondern sieht sich seit kurzem auch vom Strafrecht bedroht. Die Paragrafen 206 und 303a StGB (siehe Kästen) verbieten es, bestimmten Spam zu filtern.
Die Aussage der Vorschriften ist dabei dieselbe, die bereits das Postgeheimnis trägt: Von fremden Nachrichten lässt man die Finger. Nicht mehr nur von verschlossenen, körperlichen Briefen, sondern auch von elektronischer Kommunikation jeder Art. Das Gesetz folgt so dem technischen Fortschritt.
Manche Juristen wollen unterscheiden, je nachdem, ob es um echten Spam geht, also unverlangt zugesandte Werbung, oder um virenverseuchte E-Mails. Bei Viren sei, so die Begründung, stets von einem Einverständnis des Empfängers auszugehen, dass die entsprechenden Mails gelöscht würden.
Wer so argumentiert, der übersieht, dass zwar die ganz überwiegende Anzahl der Internetnutzer liebend gern auf Spam verzichten würde, andererseits mancher Mail- oder Sysadmin vielleicht die Virenträger gerne untersuchen möchte - in gesicherter Umgebung natürlich. Ein fiktives Einverständnis ist deswegen ausgeschlossen; es lässt sich einfach kein Unterschied zwischen Spam- und Virenopfer herbeireden.
Wer nur eigene, also an ihn selbst gerichtete E-Mails filtert, handelt stets rechtmäßig. Das Problem taucht nur dort auf, wo es um fremde Mails geht. Das betrifft alle Provider, aber auch Unternehmen und Organisationen, die den empfangenen Mail-Traffic auf Viren oder Spam prüfen. Die umgekehrte Richtung ist eher die Ausnahme: Die Mails durch den Filter jagen, die von den eigenen Mitarbeitern verschickt werden. Die Rechtsgrundsätze gelten aber auch hier, unabhängig von der Richtung der verschickten Post.
Nach den Begriffsbestimmungen des Telekommunikationsgesetzes (TKG, siehe Kästen) ist jeder, der anderen E-Mail-Dienste zur Verfügung stellt, zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses verpflichtet. Er darf deswegen die Daten nicht auswerten oder verraten und nach den neuen Gesetzen auch nicht unterdrücken. Eine gefilterte und weggeworfene E-Mail ist unterdrückt, der Rechtsbruch damit passiert. Damit drängt sich die Frage auf, ob man E-Mails überhaupt noch filtern darf.>
Die Spreu vom Weizen trennen hat verschiedene Ziele. Einerseits geht es darum, lästigen Spam oder gefährliche Viren dem System und der Aufmerksamkeit des Benutzers zu entziehen. Es schadet der Produktivität, wenn sich der Sachbearbeiter jeden Tag durch hunderte Medikamenten-Angebote klicken muss genauso, als wenn er durch unbedarften Klick auf einen Anhang sein System abstürzen ließe. Letzteres ist unter Linux weniger ein Problem. Andererseits geht es darum, die Datenlast selbst zu verringern, eine Frage der Ressourcen.
Die Lösung sind eigene Spamfolder für jeden E-Mail-Account. Das stellt sicher, dass keine Nachricht an den Empfänger unterdrückt wird, gleichzeitig jedoch ist der erkannte Ausschuss abgesondert und auf diese Weise mit geringstem Aufwand zu entsorgen - auch wenn das der Empfänger dann doch wieder selbst erledigen muss.
Wie er das tut, ob selten, regelmäßig, händisch oder mit einem Skript, ist seine Sache. Die Pflicht, den Posteingangs- und Spamfolder regelmäßig zu leeren und andere Details können er und sein Provider oder Arbeitgeber vertraglich vereinbaren. Sollten E-Mails vom SMTP-Server dann deshalb zurückgewiesen werden, weil die Mailbox des Empfängers nicht mehr aufnahmefähig ist, wird das keiner als strafbare Datenunterdrückung mehr interpretieren können.
Wenn dieses Vorgehen in Unternehmen partout nicht klappt und die Platten volllaufen, weil der Sachbearbeiter sich nicht um seinen Spamfolder schert, der aus den Nähten platzt, dann hilft nur eins: Den Mitarbeitern die private E-Mail-Nutzung grundsätzlich verbieten. Denn dann sind alle eingehenden E-Mails jene der Firma - und die darf sie ja beliebig löschen. Provider können das nicht, sie müssen gegebenenfalls die Verträge kündigen.
§ 206 StGB - Verletzung des Post- oder Fernmeldegeheimnisses |
(1) Wer unbefugt einer anderen Person eine Mitteilung über Tatsachen macht, die dem Post- oder Fernmeldegeheimnis unterliegen und die ihm als Inhaber oder Beschäftigtem eines Unternehmens bekannt geworden sind, das geschäftsmäßig Post- oder Telekommunikationsdienste erbringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer als Inhaber oder Beschäftigter eines in Absatz 1 bezeichneten Unternehmens unbefugt 1. eine Sendung, die einem solchen Unternehmen zur Übermittlung anvertraut worden und verschlossen ist, öffnet oder sich von ihrem Inhalt ohne Öffnung des Verschlusses unter Anwendung technischer Mittel Kenntnis verschafft, 2. eine einem solchen Unternehmen zur Übermittlung anvertraute Sendung unterdrückt oder 3. eine der in Absatz 1 oder in Nummer 1 oder 2 bezeichneten Handlungen gestattet oder fördert. (3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Personen, die 1. Aufgaben der Aufsicht über ein in Absatz 1 bezeichnetes Unternehmen wahrnehmen, 2. von einem solchen Unternehmen oder mit dessen Ermächtigung mit dem Erbringen von Post- oder Telekommunikationsdiensten betraut sind oder 3. mit der Herstellung einer dem Betrieb eines solchen Unternehmens dienenden Anlage oder mit Arbeiten daran betraut sind. (4) Wer unbefugt einer anderen Person eine Mitteilung über Tatsachen macht, die ihm als außerhalb des Post- oder Telekommunikationsbereichs tätigem Amtsträger auf Grund eines befugten oder unbefugten Eingriffs in das Post- oder Fernmeldegeheimnis bekannt geworden sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (5) Dem Postgeheimnis unterliegen die näheren Umstände des Postverkehrs bestimmter Personen sowie der Inhalt von Postsendungen. Dem Fernmeldegeheimnis unterliegen der Inhalt der Telekommunikation und ihre näheren Umstände, insbesondere die Tatsache, ob jemand an einem Telekommunikationsvorgang beteiligt ist oder war. Das Fernmeldegeheimnis erstreckt sich auch auf die näheren Umstände erfolgloser Verbindungsversuche. |
§ 85 TKG - Fernmeldegeheimnis (Auszug) |
(1) Dem Fernmeldegeheimnis unterliegen der Inhalt der Telekommunikation und ihre näheren Umstände, insbesondere die Tatsache, ob jemand an einem Telekommunikationsvorgang beteiligt ist oder war. Das Fernmeldegeheimnis erstreckt sich auch auf die näheren Umstände erfolgloser Verbindungsversuche. (2) Zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses ist jeder Diensteanbieter verpflichtet. Die Pflicht zur Geheimhaltung besteht auch nach dem Ende der Tätigkeit fort, durch die sie begründet worden ist. ... |
§ 3 TKG - Begriffsbestimmungen (Auszug) |
Im Sinne dieses Gesetzes ist oder sind ... 6. "Diensteanbieter" jeder, der ganz oder teilweise geschäftsmäßig a) Telekommunikationsdienste erbringt oder b) an der Erbringung solcher Dienste mitwirkt; ... 10. "geschäftsmäßiges Erbringen von Telekommunikationsdiensten" das nachhaltige Angebot von Telekommunikation für Dritte mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht; ... 22. "Telekommunikation" der technische Vorgang des Aussendens, Übermittelns und Empfangens von Signalen mittels Telekommunikationsanlagen, ... 23. "Telekommunikationsanlagen" technische Einrichtungen oder Systeme, die als Nachrichten identifizierbare elektromagnetische oder optische Signale senden, übertragen, vermitteln, empfangen, steuern oder kontrollieren können, ... |
§ 303a StGB - Datenveränderung |
(1) Wer rechtswidrig Daten (§ 202a Abs. 2) löscht, unterdrückt, unbrauchbar macht oder verändert, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. |