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Zahlen & Trends

Red Hat: Erneut gutes Quartal

Der überraschende Rücktritt von Red Hats Finanzchef Kevin Thompson zwei Tage vor Bekanntgabe des Quartalsberichts ließ die Analysten skeptisch blicken. Doch dann präsentierte das Unternehmen aus Nord-Carolina erneut ein Zahlenwerk, das auf solides Wachstum deutet. Der Umsatz stieg im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um stolze 53 Prozent auf 41,6 Millionen Dollar, der Nettogewinn lag bei fünf Millionen Dollar.

Verantwortlich dafür ist vor allem das Geschäft mit den jährlich zu erneuernden Lizenzen - bei Red Hat Subscriptions genannt - für die Enterprise-Produkte. In diesem Bereich liegt die Gewinnspanne bei 93 Prozent. Red Hat gab an, im zurückliegenden Quartal knapp 100000 Enterprise-Lizenzen verkauft zu haben. Der Prozentsatz der Kunden, die ihre Lizenz erneuern, liegt bei 85 Prozent. Derzeit macht Red Hat etwa drei Viertel des Umsatzes mit Lizenzen und nur ein Viertel mit dem Service-Geschäft, Tendenz fallend.

Der früher wegen Cygnus sehr starke Embedded-Bereich ist nur noch für ein Prozent des Umsatzes verantwortlich. Nach wie vor verfügt Red Hat über immense Cash-Reserven von fast einer Milliarde Dollar.

München: Linux-Migration kommt in Gang

Am 16. Juni hat der Münchner Stadtrat das Feinkonzept zur Umstellung aller 14000 städtischen PCs auf Linux beschlossen. Nur die CSU war dagegen. Projektstart ist der 1. Juli, die eigentliche Umstellung der Rechner soll am 1. Oktober beginnen und im wesentlichen bis Ende 2006 abgeschlossen sein, spätestens 2009 soll dann auch das letzte Referat Linux-PCs einsetzen. Unerwartete Schwierigkeiten seien vor allem bei der Integration so genannter Fachanwendungen aufgetreten, so teilte die Münchner SPD-Fraktion mit. Hier hätten manche Hersteller nicht genug Kooperationsbereitschaft bewiesen.

Gleichzeitig mit der Linux-Umstellung ändert die Stadt auch die Prinzipien ihres Rechnungswesens von der Kameralistik auf ein auch in der Wirtschaft übliches Verfahren. Ein gemeinsames Pilotprojekt der Stadt mit SAP soll jetzt dafür sorgen, dass die SAP-Anbindung an Open Office die damit verbundenen Anforderungen erfüllt.

Die Stadtverwaltung will das Migrationsprojekt auch dafür nutzen, das Technologie- und Strategiemanagement zu zentralisieren. Bislang sind die einzelnen Referate beim Einsatz von IT-Technik unabhängig, Einsparpotenziale bleiben ungenutzt.

Die Umstellung beginnt am 1. Juli nicht bei null, eine einheitliche Client-Software auf der Basis von Suse-Linux gibt es bereits, auch das Schulungskonzept für die Mitarbeiter liegt schon vor.

Das Maskottchen Mux soll als Sympathieträger die Akzeptanz von Linux bei städtischen Angestellten erhöhen.

100 Millionen Euro für Grid-Projekt des DFN

Unter dem Projektnamen E-Science will das Bundesforschungsministerium in den kommenden fünf Jahren 100 Millionen Euro für den Ausbau der DFN-Infrastruktur und die Förderung von Grid Computing bereitstellen. Ziel ist es, größere Rechenaufträge, etwa aus der Teilchenphysik oder der Molekularbiologie, an einen deutschlandweiten oder globalen Verbund von Hochleistungsrechnern zu geben, der die Ressourcen für die Berechnung selbstständig zuteilt. Die Verteilung ist dann Sache der Open-Source-Middleware Globus Toolkit.

In der Globus Alliance ko- operieren Universitäten und Forschungseinrichtungen mit IBM und anderen IT-Unternehmen. Reinhard Maschuw vom Grid Computing Center in Karlsruhe betonte, wie wichtig der Open-Source-Gedanke für die Wissenschaftler ist: "Bei der Fortführung der Software-Entwicklung beruht alles darauf, dass die Tools für jeden zugänglich sind."

Xandros zum Download

Mit der so genannten Open Circulation Edition will Xandros Marktanteile bei Linux-Endanwendern gewinnen. Die Version steht zum Download zur Verfügung und darf weitergegeben werden, ist aber laut Xandros nur für den nicht-kommerziellen Einsatz zugelassen.

Xandros ist eine Weiterentwicklung des ehemaligen Corel Linux und basiert wie dieses auf Debian. Es enthält jedoch einen proprietären Dateimanager, dessen Vorhandensein es dem Unternehmen erlaubt, die Nutzungsmöglichkeiten der Distribution einzuschränken.

Im Gegensatz zu den kostenpflichtigen Vollversionen enthält die Open Circulation Edition kein Crossover Office zur Einbindung von Windows-Anwendungen wie Microsoft Office, Internet Explorer oder Outlook. Als Browser und E-Mail-Client kommt stattdessen die kostenlose Opera-Version 7.5 zum Einsatz, inklusive der in die Oberfläche eingebetteten Werbebanner. Für den Download ist die P2P-Software Bit Torrent erforderlich, wer die kostenlose Xandros-Version direkt von der Website laden will, muss 10 Dollar zahlen. Eine CD-Box kostet 29 Dollar.

Nach der Erstinstallation der kostenlosen Xandros-Version erscheint der mit Werbebannern voll gepflasterte Opera-Browser. Eine Nachinstallation, etwa von Mozilla, sollte aber kein Problem sein.

Idealx

Idealx kommt nach Deutschland. Der französische Open-Source-Dienstleister ist ein auf den Security-Bereich orientiertes Beratungsunternehmen mit derzeit 50 Mitarbeitern. Bei der Firma arbeiten die Hauptentwickler der freien Public Key Infrastructure (PKI) IDX-PKI. Außerdem entwickelt Idealx das Client-seitige Tool Cryptonit zum Signieren und Verschlüsseln von Dokumenten.

Geschäftsbereiche sind außerdem Beratung und Konzeption von Migrationen auf Linux sowie allgemeiner, distributionsunabhängiger Linux-Support. Auf dem Karlsruher Linuxtag ging Idealx auf die Suche nach Kooperationspartnern oder Beteiligungen an deutschen Linux-Dienstleistern. Idealx will sich als allgemeiner Open-Source-Dienstleister auch in Deutschland etablieren.

Open-Source-Initiativen bei Computer Associates

Computer Associates (CA) geht als weiteres Schwergewicht in der IT-Welt auf die Open-Source-Community zu. CA stellte den Code für die relationale Datenbank Ingres unter eine eigens geschaffene Lizenz, die "CA Trusted Open Source Licence" (CA-TOSL), deren Formulierung sich an der Common Public License von IBM orientieren und außerdem Klauseln enthalten soll, die den Lizenzinhaber gegen Fälle absichern, die ähnlich liegen, wie sie im Streit zwischen SCO und IBM eine Rolle spielen.

Verfügbar ist derzeit aber weder die Lizenz noch die Datenbank, im Juni soll die CA-TOSL der Open-Source-Initiative zur Begutachtung zugehen, die Lizenzänderung von Ingres soll spätestens bis Ende August erfolgt sein.

CA scheint jedoch erkannt zu haben, dass ohne ein zusätzliches Engagement bei freien Projekten ein weiteres Open-Source-Datenbanksystem wenig Chancen auf Erfolg hat. Mit MySQL, MaxDB, PostgreSQL und Interbase/Firebird gibt es schließlich schon genug Auswahl, auch für hohe Ansprüche.

Der Konzern kooperiert deshalb mit dem Zope-Projekt, um eine persistente Anbindung des Applikationsservers an relationale Datenbanken zu entwickeln. Außerdem initiierte CA die Plone Foundation, um das Zope-basierte Content-Managementsystem Plone stärker im kommerziellen Umfeld zu verankern. CA will sowohl zu Plone als auch zu Zope Code beitragen.

Eine weitere Kooperation ging CA mit JBoss ein, einem Java-basierten Entperprise Application Server. Auch zur Entwicklung von Linux hat CA Beiträge geleistet, unter anderem das Kernel Generalized Event Management, das es erlaubt, Kernelevents vom Userspace aus abzufragen, wichtig fürs System-Management, das Kerngeschäft von Computer Associates.

Scalix 9.0

Die Version 9.0 des Messaging Servers Scalix unterstützt Microsoft Outlook und Novell Evolution und bringt zusätzlich einen weitgehend auf Javascript basierenden eigenen Webclient namens Scalix Web Access mit, der mit Mozilla und dem Internet Explorer lauffähig ist.

Neu auf der Server-Seite sind eine auf Webservices basierende Administrationsplattform sowie die Unterstützung von Single Sign On. Scalix beruht ebenso wie das Konkurrenzprodukt Samsung Contact auf dem Code von Hewlett-Packards Open Mail.

Linux für brasilianische Clients

IBM stellte Mitte Juni ein neues Dienstleistungspaket für den brasilianischen Markt vor. Nach dem Erfolg von Linux auf dem Server sollen nun auch Bürorechner, Geldautomaten und Supermarktkassen auf Linux und Open-Source-Software umgestellt werden. Im Rahmen der Open Client Services will IBM alle Leistungen von Beratung und Planung bis hin zur Installation aus einer Hand liefern.

Das Angebot richtet sich vor allem an Kunden aus Einzelhandel und Finanzwesen sowie an staatliche Stellen. IBM sieht in diesen Bereichen große Nachfrage und hat bereits die Filialen von Casas Bahia, einer der größten Einzelhandelsketten in Brasilien, auf Linux migriert.

IBM scheint das Linux-Engagement in Schwellenländern konsequent auszubauen. Ebenfalls im Juni eröffnete der Konzern im indischen Bangalore ein Linux-Kompetenzzentrum, das IBM-Kunden aus Regierung und Wirtschaft bei der Umstellung auf Linux unterstützen soll.

Wyse bringt mehr Thin Clients mit Linux

Mit seinen neuen Linux-basierten Thin Clients richtet sich der Terminal-Hersteller Wyse an Organisationen, die schrittweise ihre komplette Infrastruktur auf Linux umstellen wollen. Wyse hat erst seit etwa einem Jahr überhaupt Linux-Clients im Angebot, die eigentliche Domäne des Unternehmens ist immer noch das Citrix-Microsoft-Umfeld.

Entsprechend laufen auch die neuen Clients unter der Bezeichnung Winterm. Wyse baut für die Clients eine eigene Distribution. Die neue Version 3.2 kommt mit einem Kernel 2.4.19, statt Netscape 4.77 ist jetzt Mozilla 1.6 dabei. Neben ICA und RDP für die Verbindung zu Windows-Servern haben die Clients auch das sicherheitstechnisch umstrittene Protokoll PPTP für Virtual Private Networks implementiert.

Für die RDP-Implementierung benutzt der Marktführer für Client-Server-Computing im Microsoft-Umfeld übrigens die Open-Source-Software RDesktop.

Es heißt zwar "Designed for Windows", aber zumindest in einigen der von Wyse verkauften WT5455-Clients läuft auch Linux.

Spendenkampagne der FSF Europe

Die Free Software Foundation Europe (FSFE) [http://fsfeurope.org] startete zum Linuxtag 2004 eine Spendenkampagne. Die Schwesterorganisation der amerikanischen FSF ist auf Spenden angewiesen, um ihre Reise- und Personalkosten zu bestreiten und Informations- und Marketingmaterial zu finanzieren. Für die Entwicklung von Agnula, einer auf Musik- und Multimedia-Anwendungen spezialisierten Linux-Distribution erhält die FSFE außerdem Fördermittel der Europäischen Kommission.

Neben der Pflege der GNU General Public License (GPL) ist die Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit für freie Software der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit. Die Organisation ist in Deutschland als Verein eingetragen und als gemeinnützig anerkannt. Spenden sind daher steuerlich abzugsfähig.

Highend-Zertifikat von Red Hat

Der Distributor Red Hat erweitert seine Zertifizierungspalette für Linux-Profis weiter nach oben. Die Prüfung zum so genannten Red Hat Certified Architect (RHCA) richtet sich an erfahrene Administratoren und soll die Fähigkeiten vermitteln, in Unternehmen umfassende Open-Source-Architekturen aufzubauen und zu verwalten.

In Deutschland beginnen die ersten Kurse ab Mitte September, Prüfungen sollen Ende des Jahres stattfinden. Die Kursteilnahme kostet 3000 Euro, der Preis für die Prüfungen stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest.

Open Source Risk Management

Bruce Perens geht als einer der Direktoren zum kommerziellen Unternehmen Open Source Risk Management (OSRM). Die Firma entstand Ende 2003 als Reaktion auf die ersten Klagen von SCO gegen IBM und Linux-Anwender. OSRM bietet Rechtsbeistand und Evaluierungen der eingesetzten Software und im Fall eines verlorenen Prozesses auch Entschädigungen (Indemnification) an. Ein weiteres Geschäftsfeld ist die Schulung von IT-Managern zur Risikoanalyse.

Bruce Perens war als Maintainer an den ersten Debian-Releases beteiligt und hat mit der Organisation "Software in the Public Interest" den Grundstein für die heutige Organisation des Debian-Projekts gelegt. Er ist der Meinung, dass OSRM nicht genügt, sondern dass wegen der künftigen Gefahren für Open Source eine von den großen kommerziellen Anwendern finanzierte Organisation nötig sei, die als zentrale Anlaufstelle bei allen juristischen Problemen dient. (uwo)