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Neue Studie des Fraunhofer-Instituts zur technologischen Leistungsfähigkeit DeutschlandsKontraproduktivFred Andresen |
Ausgerechnet die Fraunhofer-Gesellschaft, bekannt als Eigner des MP3-Kompressionspatents, hat Softwarepatent-Gegnern neue Argumente an die Hand gegeben: Nach einer Studie[1] des Instituts für Systemtechnik und Innovatiosforschung (ISI) driftet die Patentpolitik in die falsche Richtung ab. Da die Forschungsergebnisse der über 500 analysierten Unternehmen bei weitem nicht mit der Anzahl der Patenterteilungen in den vergangenen Jahren mithalten, schließt das ISI, dass Patente immer weniger Instrument der Forschung und Forschungssicherung sind, sondern eher ein Marketingwerkzeug.
Die Studie erkennt auch eine Konzentration der Anmelder: Wenige große Unternehmen halten die meisten Patente; der Anstieg bei Patenten, die fürs Ausland erteilt werden, ist überproportional. Die Kooperationen steigen: Kreuzlizenzierungen zwischen Unternehmen oder Patentpools sind das Ergebnis.
Ein hartes Wort des ISI gilt dem - neben dem exklusiven Nutzungsschutz - zweiten Hauptzweck des Patentsystems: Die Aufgabe, Wissen aus den Patenten der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen, läuft nahezu leer. So recherchiert kaum einer in Patentdatenbanken, um Input für eigene Entwicklungen zu erlangen; es geht nur darum, möglichst keine fremden Patente zu verletzten.
Die Studie schließt mit der Erkenntnis, dass deutsche Patente sich mehr und mehr zum strategischen Wettbewerbsinstrument entwickeln und sich dabei vom eigentlichen Zweck entfernen. Viel bedeutsamer ist jedoch ein Schluss, den die Studie nicht direkt ausspricht: Die gegenwärtige Praxis bei Patentierungen behindert den Fortschritt, sie ver-fehlt den geplanten Zweck und führt darüber hinaus zu einer Konzentration bei den Wettbewerbern - zugunsten großer, international operierender Unternehmen und zum Schaden der Kleinen. Das betrifft auch und erst recht alle, die Open-Source-Software oder freie Programme entwickeln.
Allerdings: So neu ist es nicht, dass eine Studie auf die Gefährdung hinweist, die von einer exzessiven Patentierungspraxis für die Wirtschaft ausgeht - nicht nur auf die Open-Source-Entwickler. Bereits im Herbst 2001 hatte das ISI eine Analyse herausgegeben[2], die ein Nebeneinander von Instrumenten empfahl, damit der sich abzeichnende Patentierungsschub nicht zum Rohrkrepierer wird: Neben einer deutlichen Kostensenkung und einfacherer Recherche verlangten die Forscher, dass entgegen der bisherigen Praxis keine Trivialpatente mehr erteilt werden dürften und die Erfindungen auch wirklich neu sein müssten - so wollten es die befragten Unternehmen.
Die damalige Studie ist leider nur zum Teil in den EU-Richtlinienvorschlag eingeflossen, den der Rat der Europäischen Union derzeit gegen den Willen des Europäischen Parlaments durchdrücken will: Technizität ist dort zwar definiert, die übrigen Maßnahmen sind jedoch nicht zu finden. Sie machen nach der Studie aber nur im Verbund Sinn.
Die Studien zeigen, dass Sicherungsinstrumente nötig sind, die künftig Trivialpatente und vermeintliche Neuerungen ausschließen. Das ist letztlich eine Kritik an den Patentämtern, die mit neuen Vorschriften auf den rechten Weg gebracht werden müssen. Unabhängig davon, ob in Europa nun für oder gegen Softwarepatente entschieden wird.
Infos |
[1] Schwerpunktstudie zur technologischen Leistungsfähigkeit Deutschlands: [http://www.patente.bmbf.de/de/pdf/Endbericht_Patente_Erfindungen.pdf] [2] Geistige Eigentumsrechte in der Informationsgesellschaft: [http://www.bmwi.de/Redaktion/Inhalte/Downloads/br-geistige-eigentumsrechte-in-der-informationsgesellschaft-lang-de,property=pdf.pdf] |