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Zahlen & Trends

Europaweite Proteste gegen Softwarepatente

In zahlreichen europäischen Städten kam es im Mai zu Protestdemonstrationen gegen Softwarepatente. In Berlin, München, Madrid, Lissabon, Wien, Kopenhagen und Madrid gingen Software-Entwickler auf die Straße und forderten, die Entscheidung des Euopäischen Parlaments zu respektieren, das sich gegen die umfassende Patentierung von Software ausgesprochen hatte. Die EU-Kommission hat hingegen dem Ministerrat einen Entwurf vorgelegt, der nach Ansicht vieler Kritiker noch über das hinausgeht, was die Patentbefürworter ursprünglich forderten. Über diesen Entwurf soll der EU-Ministerrat ohne weitere Diskussion abstimmen.

Die Position der deutschen Regierung dazu ist widersprüchlich. Einerseits ist sie für eine weit gehende Anerkennung der Patentwürdigkeit von Software, andererseits steht sie aber der Richtlinie des Rates kritisch gegenüber. Auf der Anti-Patent-Demo in Berlin erklärte Elmar Hucko, Ministerialdirektor im Justizministerium, dass die Bundesregierung der Verabschiedung der Richtlinie nicht zustimmen werde. "Wir sind inhaltlich am nächsten bei Ihnen", erklärte er den etwa 150 Demonstranten. Wie viele Regierungsvertreter versicherte auch er, man wolle in Europa auf keinen Fall amerikanische Verhältnisse, was die grenzenlose Patentierbarkeit von Software betreffe.

In München formierte sich ein Demonstrationszug von etwa 200 Teilnehmern am Europäischen Patentamt und zog quer durch die Innenstadt zu einer Abschlusskundgebung vor die Universität.

Wie in anderen europäischen Städten demonstrierten auch in München am 12. Mai IT-Fachleute gegen Softwarepatente.

"Go Open Source" in Südafrika

Der erfolgreichste IT-Unternehmer Südafrikas fördert mit einer Stiftung die weite- re Verbreitung von Open-Source-Software und Linux am Kap. Mark Shuttleworth ist der Gründer von Thawte, einem der erfolgreichsten Trustcenter für E-Business, das er im Jahr 2000 für eine knappe halbe Milliarde Dollar an Verisign verkaufte - und anschließend als erster zahlender Passagier in den Weltraum flog.

Die von der Shuttleworth Foundation gegründete und unter anderem von HP unterstützte Initiative "Go Open Source" ist mit 18 Millionen Rand, umgerechnet etwa 2,2 Millionen Euro, ausgestattet und will in Massenmedien wie Fernsehen und Zeitungen Werbung für Open Source machen. Sie richtet sich vor allem an kleinere Unternehmen und Endanwender.

Internet-Millionär Mark Shuttleworth fördert Open Source in Südafrika.

Microsoft veröffentlicht Open-Source-Projekte

Microsoft hat im April und Mai zum ersten Mal Code unter einer Open-Source-Lizenz freigeben und die entsprechenden Sourceforge-Projekte gestartet. Eins davon ist der Windows Installer XML (Wix), ein Kommandozeilentool, mit dem Entwickler Installationspakete für selbst erstellte Windows-Software bauen können. Als Vorlage dienen XML-Dateien.

Ein zweites Projekt ist die Windows Template Library WTL, eine C++-Bibliothek für Benutzeroberflächen. Die WTL stand auch schon vorher zum Download vom Microsoft Developers Network zur Verfügung und wird von Microsoft nicht offiziell unterstützt. Microsoft wählte für die Veröffentlichung beider Projekte die Common Public License (CPL), eine Lizenz, die IBM entwickelt hat und für viele ihrer eigenen Projekte nutzt. Nach einer Einschätzung der Open- Source-Initiative ist diese Variante eine voll qualifizierte Open-Source-Lizenz.

Freie Klinik-Software OpenEMR

Software für Krankenhäuser und Arztpraxen gehört zu den langfristigen Wachstumsmärkten. Open-Source-Programme sind dort bisher noch unterrepräsentiert. Eine der wenigen Ausnahmen ist das Web-basierte Programm OpenEMR zum Führen von Krankenakten, das Server-seitig auf Linux-Rechnern mit Apache und MySQL läuft. Hinter OpenEMR steht das kleine Unternehmen Pennington Firm aus San Diego. Zwei Kliniken in den USA haben das System jetzt im praktischen Einsatz.

OpenEMR ist derzeit jedoch nur in den USA sinnvoll einsetzbar, eine deutsche Anpassung gibt es nicht. Eine in Deutschland verwendbare freie Arztsoftware ist zum Beispiel das Praxisprogramm APW. Über medizinische freie Software informiert die Website [www.openmed.org].

Red Hats neue Desktop-Strategie

Nachdem Red Hat in den vergangenen Jahren das Potenzial von Linux vor allem bei dem Server sah und mit der Red Hat Workstation allenfalls Nischenmärkte bedienen wollte, vollzieht das Unternehmen jetzt einen deutlichen Richtungswechsel: Der ab Mai neu erhältliche Red Hat Client Desktop zielt auf den Schreibtischrechner in Unternehmen.

Das Produkt ist aber nicht für einzelne Rechner erhältlich, sondern ausschließlich für zentral verwaltete Desktop-Umgebungen in Unternehmen; die Käufer müssen mindestens zehn Lizenzen abnehmen. Der Release-Zyklus orientiert sich an den übrigen Red-Hat-Enterprise-Produkten und beträgt zwölf bis 18 Monate.

Die aktuelle Version basiert noch auf dem Kernel 2.4 und unterstützt lediglich Single-CPU-Systeme mit bis zu 4 GByte RAM. Wie auch bei der Software aus der Red-Hat-Enterprise-Serie verfolgt der Distributor beim Desktop ein Abonnement-Modell. Das Einstiegspaket mit zehn Client-Lizenzen kostet zusammen mit dem Red Hat Network Proxy zur Software-Verteilung jährlich 2500 US-Dollar. Hardwarehersteller und Systemintegratoren können auch OEM-Versionen erwerben.

Anfang 2005 will Red Hat mit der nächsten Version den Client Desktop deutlich erweitern, vor allem in Richtung Multimedia-Fähigkeit und Interoperabilität. Dabei arbeitet Red Hat mit Citrix, VMware, Adobe, Real Networks und Macromedia zusammen. Ob der Red Hat Client Desktop für längere Zeit das einzige Endanwender-Linux mit dem roten Hut bleibt, ist ungewiss. Paul Salazar, Red Hats Europachef, wollte Gerüchte über eine Multimedia-Version für Heimanwender nicht ausdrücklich dementieren.

Positiver Halbjahresabschluss bei Mandrake

Bei nach wie vor bescheidenen Umsätzen zeigt der Konsolidierungskurs bei Mandrakesoft Wirkung. Der französische Linux-Distributor konnte die erste Hälfte seines Geschäftsjahrs mit Gewinn abschließen. Das Nettoergebnis betrug 300100 Euro bei einem Umsatz von 2,5 Millionen Euro. Mandrakesoft stand bis 30. März 2004 noch unter Gläubigerschutz. Der Businessplan zum Erreichen der Profitabilität wurde zusammen mit dem vom Gericht bestellten Konkursverwalter entwickelt.

JBoss bekommt Kapital von Intel

Neben den Venture-Capital-Firmen Matrix und Accel beteiligt sich nun auch Intels Investment-Tochter Intel Capital an JBoss, dem Hersteller des gleichnamigen Open-Source-Applikationsservers. Die genaue Höhe des Intel-Investments gab JBoss nicht bekannt. Von Accel und Matrix erhielt das Unternehmen insgesamt 10 Millionen Dollar Kapital. Intels Investment ist daran gekoppelt, dass JBoss die J2EE-Zertifizierung auf Itanium und Xeon abschließt. Intel stellt dafür Hardware zur Verfügung.

Microsoft sponsert EU-Präsidentschaft

Im Zusammenhang mit der geplanten Legalisierung von Softwarepatenten weist die belgische Parlamentarierin Olga Zrihen darauf hin, dass die irische EU-Rats-Präsidentschaft von Microsoft gesponsert würde.

In der Tat dankt eine Website der EU-Präsidentschaft einigen Unternehmen für ihre Unterstützung, neben Microsoft ist dabei unter anderem der Whiskey-Hersteller Jameson dabei. Worin die Unterstützung durch Microsoft genau besteht, ist bisher nicht klar. Olga Zrihen und der "Virtuelle Ortsverein" der SPD nutzen diese Information, um in Brüssel gegen die Verflechtung von Konzerninteressen und EU-Politik im IT-Bereich zu protestieren.

Insbesondere kritisieren sie den unter irischer Federführung entstandenen neuen Richtlinienentwurf zur Patentierung "computerimplementierter Erfindungen", der dem Willen des EU-Parlaments entgegenstünde.

Zahlreiche Firmen unterstützen die irische EU-Präsidentschaft, neben Kerrygold und Jameson Whiskey auch Microsoft.

Siemens und Samsung investieren in Montavista

Mit insgesamt sieben Millionen US-Dollar haben sich Siemens, Samsung, Infineon und die China Development Industrial Bank an Montavista beteiligt. Montavista entwickelt Embedded-Linux-Systeme unter anderem für Smartphones und Industriesteuerungen. Insgesamt sind seit der Gründung 1999 rund 72 Millionen Dollar an Kapital in das Unternehmen geflossen, unter anderem sind Intel, Matsushita (Panasonic), Sony und Toshiba daran beteiligt.

Auf dem Smartphone-Markt gilt Linux zunehmend als ernsthafte Alternative zu Windows Phone Edition und Symbian, seit Nokia bei Symbian die Aktienmehrheit übernommen hat und damit die ursprünglich geplante Herstellerunabhängigkeit des Betriebssystems nicht mehr besteht. Deshalb sind vor allem Samsung, Siemens und Motorola daran interessiert, sich die Linux-Option offen zu halten.

Bisher ist der Smartphone-Markt weltweit sehr unterschiedlich aufgeteilt. In Europa ist er von Nokia/Symbian dominiert, laut einer Studie der Marktforschungsfirma Canalys mit einem Marktanteil von 91 Prozent. In den USA hingegen ist fast die Hälfte aller verkauften Smartphones mit PalmOS ausgestattet.

Die Marktanteile von Linux-Smartphones bewegen sich noch im einstelligen Prozentbereich. Die Marktforscher der NPD-Group ermittelten in den USA aber immerhin einen Anteil von acht Prozent Linux-Smartphones, wobei der Markt selbst sehr klein ist. Nur jedes 50. verkaufte Handy ist ein Smartphone.

Deutsche Bahn mit Linux-Fahrplan

Linux wird bei der Deutschen Bahn AG zur strategischen Serverplattform. Die Bahn erhofft sich davon Einsparungen von mehreren Millionen Euro pro Jahr. Linux ist bei der Bahn nicht komplett unbekannt, die Fahrplanauskunft zum Beispiel läuft seit langem unter Linux. Jetzt jedoch sollen nach und nach große Teile der Serverlandschaft umgestellt werden. DB Systems, der interne IT-Dienstleister der Bahn, hat dafür eine eigene Distribution entwickelt, aus der sich je nach Bedarf das benötigte System ableiten lässt.

Die ersten Portierungsprojekte sind große Brocken: die Migration der Lotus-Notes-Systeme mit 55000 Anwendern und der Applikationsserver von SAP. Neuere Projekte wie das Konfigurationsmanagement Procon sollen von vornherein auf Linux entwickelt werden. Die Desktop-Systeme der Bahn-Mitarbeiter bleiben jedoch mit Microsoft-Betriebssystemen bestückt. (uwo)