Linux-Magazin-Logo Die Zeitschrift für Linux-Professionals

Zahlen & Trends

Querelen im Linux-Verband

Thomas Uhl ist als Vorsitzender des Linux-Verbands wiedergewählt worden, nachdem er überraschend seine erneute Kandidatur bekannt gegeben hatte. Die meisten anderen Vorstandmitglieder legten daraufhin ihr Amt nieder, der zweite Vorsitzende Dr. Johannes Loxen trat sofort zurück, einige Tage später folgte Beisitzer Thomas Sprickmann Kerkerinck von Natural Computing. Beisitzerin Petra Heinrich und Schatzmeister Roland Dyroff, beide von der Suse Linux AG, wollen noch bis Ende April ihre Aufgaben weiter versehen. Im Vorstand sind jetzt außer Thomas Uhl nur noch Daniel Riek (Red Hat) und Elmar Geese von Tarent. Riek ist damit neben Uhl der einzige, der sowohl dem alten als auch dem neuen Vorstand angehört.

Nur scheinbar auf eigenen Wunsch, in Wirklichkeit aber auf massives Drängen seiner Vorstandskollegen war Uhl im Januar von seinem Posten zurückgetreten. Einen Tag vor der Wahl kündigte er an, erneut als Vorsitzender zur Verfügung zu stehen, und wurde daraufhin von Johannes Loxen auf der Mitglieder-Mailingliste scharf angegriffen. Loxen warf Uhl vor, mit seiner erneuten Kandidatur vorstandsinterne Absprachen zu verletzen und Intrigen zu schmieden. Einige Verbandsmitglieder zeigten sich irritiert von der Art, wie die Vorstandsmitglieder Persönliches mit der Verbandsarbeit vermischen, und kündigten ihren Austritt an. Loxen rief dazu auf, diesen Schritt nicht zu gehen, stufte aber die Mitgliedschaft seiner Sernet GmbH vom Vollmitglied zum Fördermitglied herunter.

Eine öffentliche Erklärung des Linux-Verbands zu der Vorstandswahl lag bis zum Redaktionsschluss nicht vor. Auch die Website zeigte noch den alten Vorstand. Wie es hieß, gäbe es auch kaum Kooperation zwischen Thomas Uhl und der Geschäftsstelle, die für die alltägliche Arbeit des Verbands zuständig ist. Der Linux-Verband ist damit also fast lahm gelegt.

Die nächste ordentliche Mitgliederversammlung ist für den Linuxtag in Karlsruhe geplant, der vom 23. bis 26. Juni stattfindet.

Die Website des Linux-Verbands zeigt noch den alten Vorstand. Die Geschäftsstelle ist offenbar nicht an einer Aktualisierung interessiert.

Mandrakesoft-Aktien wieder im Handel

Seit Anfang März werden Aktien von Mandrakesoft wieder an der Börse gehandelt. Der französische Linux-Distributor hat einen Plan ausgearbeitet, um seine Schulden von 4,1 Millionen Euro über einen Zeitraum von neun Jahren zu tilgen und aus dem Gläubigerschutz herauszukommen. Die Zahlungen will Mandrake ausschließlich aus den erzielten Gewinnen leisten, nicht aus zusätzlich aufgenommenem Kapital.

Die Aktie ist nun wieder am MarchŽ Libre gelistet, dem unregulierten Markt in Frankreich. Mandrake hatte im Januar vergangenen Jahres Gläubigerschutz beantragt, nachdem die Firma nicht mehr in der Lage war, ihre Schulden zu begleichen. Mandrakesoft kann unter Gläubigerschutz weiter der normalen Geschäftstätigkeit nachgehen, wird aber von einem gerichtlich bestellten Bevollmächtigten beaufsichtigt und musste einen Plan vorlegen, wie die Gläubiger zu ihrem Geld kommen sollen.

OSS-Versicherung

Pamela Jones, die Betreiberin der SCO-kritischen Website Groklaw, beteiligt sich an einem Startup namens Open Source Risk Management. Die Firma will Unternehmen Versicherungen gegen rechtliche Risiken beim Einsatz von Open-Source-Software anbieten und in Schulungen darüber informieren.

Mehr Offenheit für Java

Sun will den Java Community Process (JCP) transparenter gestalten. Der JCP ist ein Konsortium von Unternehmen und Einzelpersonen, die die weitere Entwicklung der Programmiersprache Java definieren, und war bisher stark von Sun Microsystems dominiert.

Die neu verabschiedete Version 2.6 des JCP soll es auch Außenstehenden einfacher machen, die Spezifikationen nachzuvollziehen. So soll bereits der erste Entwurf einer neuen Spezifikation öffentlich einsehbar sein. Außerdem werden die Verantwortlichen dazu angehalten, die Entwicklungen verständlich zu dokumentieren.

Gleichzeitig drängt IBM darauf, die Java-Entwicklung komplett in die Hände der Open-Source-Community zu geben. Das war der Inhalt eines offenen Briefs, den IBMs Vice President Rod Smith auf der Linuxworld vorlegte. IBM weiß sich hier einig mit Eric S. Raymond oder Vertretern der FSF, die immer wieder den proprietären Charakter von Java betonen.

Aber auch IBM selbst hatte in der Vergangenheit schon ähnliche Vorschläge gemacht. IBM wolle sich, so Rod Smith jetzt, finanziell an der Entwicklung beteiligen. Suns Java-Verantwortlicher Jonathan Schwartz ist laut Medienberichten zu Gesprächen über dieses Thema bereit. Nach seinen Aussagen befürchtet Sun jedoch eine Fragmentierung von Java, wenn das Unternehmen die Kontrolle abgibt.

Windriver öffnet sich gegen Linux

Mit Vx Works ist das kalifornische Unternehmen Windriver der Platzhirsch bei den proprietären Embedded-Betriebssystemen für Industrieanlagen, Automobile, Luft- und Raumfahrt oder Rüstungsindustrie. Naturgemäß tat sich Windriver deshalb in der Vergangenheit mit Linux eher schwer, das auf dem Embedded-Markt beeindruckende Wachstumsraten vorlegen kann.

Jetzt kooperieren die Kalifornier mit Red Hat, um zusammen eine Linux-Distribution für Embedded-Systeme zu entwickeln. Dieses Red Hat Embedded Linux soll dann als Plattform für Erweiterungen und Anwendungen dienen, die von Windriver kommen. Windriver soll bevorzugter Vertriebspartner von Red Hat werden.

Mit den Werkzeugen und der Expertise von Cygnus, die Red Hat im Jahr 1999 gekauft hatte, besaß der Distributor einst selbst ein starkes Standbein im Embedded-Markt, jedoch gingen der Einfluss dieses Bereichs und auch der Umsatz, den Red Hat dort erzielte, mit den Jahren immer stärker zurück.

Windriver hingegen will festgestellt haben, dass viele ihrer Kunden Embedded Linux und Vx Works parallel einsetzen. Deshalb wirkt Windriver jetzt auch in diversen Open-Source-Gruppen mit, nämlich dem Open Source Development Lab, dem Consumer Electronics Linux Forum und der Eclipse Foundation, dem Forum für die von IBM ins Leben gerufene Java-Entwicklungsumgebung.

Windriver-Betriebssysteme finden sich auch an Bord von Satelliten wie diesem Proba der Europäischen Raumfahrtagentur (ESA).

Microsoft will Geldstrafe für Lindows

In den Niederlanden hat Microsoft beantragt, Lindows per Gerichtsbeschluss für jeden Tag 100000 Dollar abzunehmen, an dem Nutzer aus den Benelux-Ländern auf die Website [www.lindows.com] zugreifen können. In den Niederlanden, in Belgien, Luxemburg und Schweden ist die Benutzung der Marke Lindows gerichtlich untersagt, in den USA ist sie nach wie vor erlaubt.

Technisch dürfte das Verlangen Microsofts nur schwer bis unmöglich zu realisieren sein. Laut Lindows-CEO Michael Robertson weist der neuerliche Schachzug von Microsoft deshalb darauf hin, dass es dem Redmonder Konzern nicht darum geht, die Marke zu schützen, sondern Lindows vom Markt zu drängen. Lindows hatte bereits im letzten Monat die lokalen Websites der betreffenden Länder durch Lin----.com ersetzt und darauf hingewiesen, dass Kunden aus den vom Verbot betroffenen Ländern auch online bestellen können.

Das möchte Microsoft nun offenbar verhindern. Außerdem will Microsoft auch in Kanada eine gerichtliche Entscheidung durchsetzen, dass Lindows unter diesem Namen nicht verbreitet werden darf. In den USA endete ein entsprechender Prozess mit einem Sieg für Lindows.

Peoplesoft auf Red Hat

Peoplesoft, nach SAP der weltweit zweitgrößte Hersteller von Unternehmenssoftware, wird sein Produkt Enterprise One auch für Red Hat Enterprise Server verfügbar machen. Enterprise One ist eine Komplettlösung für das Enterprise Resource Planning (ERP) und besteht aus Modulen für Personalverwaltung, Controlling, Einkauf, Projektmanagement und so weiter. Als Grund gab Peoplesoft an, die Nachfrage nach einer Linux-Version sei in den letzten Jahren angestiegen.

Konkurrent SAP bietet schon seit 1999 seine Software auch unter Linux an, unterhält ein eigenes Linux-Labor und unterstützt neben Red Hat auch Suse. Das Produkt von Peoplesoft soll in der ersten Hälfte das Jahres 2004 verfügbar sein.

SCO verklagt Daimler Chrysler

Die ersten Klagen von SCO gegen Linux-Nutzer treffen den amerikanischen Autoteile-Händler Autozone und Daimler Chrysler. Die von SCO angegebenen Gründe für die Klagen unterscheiden sich, gemeinsam ist beiden Fällen jedoch, dass SCO hier ihre Kunden verklagt. Autozone - nach eigenen Angaben der größte Händler von Ersatzteilen in den USA - wird vorgeworfen, Linux-Versionen einzusetzen, die Copyright-geschütztes Material von SCO enthalten.

SCO bezieht sich dabei nicht nur auf kopierten Code, sondern schließt "Strukturen, Sequenzen und Organisation" mit ein. Als betroffene Techniken listet SCO hauptsächlich Funktionen auf, die in Kernel 2.4 und 2.6 hinzugekommen sind, etwa Kernel-Threads, Semaphoren oder die Behandlung der Interprozesskommunikation.

Gegen Daimler Chrysler klagt SCO wegen Nichteinhaltung von Lizenzvereinbarungen auf Schadensersatz. Der Konzern habe nicht die von SCO verlangten Angaben zum vertragsgemäßen Einsatz der Software geliefert. Er habe sich sogar geweigert, auf entsprechende Schreiben von SCO zu antworten, so die Klageschrift. Deshalb geht SCO davon aus, dass Daimler Chrysler die Lizenzbedingungen verletzt.

Laut Berichten der IT-Nachrichten-Website CNet wollte SCO statt Daimler Chrysler ursprünglich die Bank of America verklagen, und zwar wegen Copyright-Verletzungen und nicht aus vertragsrechtlichen Gründen. Erst drei Wochen vor der Klageerhebung gegen Daimler Chrysler habe man sich für dieses Unternehmen entschieden. In einem Interview drohte Darl McBride damit, dass es Millionen von Linux-Anwendern gäbe, die ebenfalls mit einer Klage rechnen müssten.

Inzwischen melden selbst einstige Verbündete Zweifel an SCOs Strategie an. Laura DiDio, Analystin bei der Yankee Group, gehörte zu den ersten, die SCOs Behauptung bestätigten, dass urheberrechtlich geschützter Code in Linux eingeflossen sei. Jetzt warnt sie vor einem möglichen "Selbstmord-Gambit" des Unternehmens.

Mittlerweile gerät der Kapitalzufluss von der Investmentgesellschaft Baystar an SCO immer mehr ins Zwielicht. Eine Eric S. Raymond zugespielte E-Mail an Chris Sontag von SCO ist wohl doch nicht gefälscht, wie anfangs von SCO behauptet. Firmensprecher Blake Stowell hat gegenüber Reportern von EWeek die Echtheit bestätigt. Die Mail des Investment- Beraters Mike Anderer vom Oktober 2003 [http://www.opensource.org/halloween/halloween10 .html] belegt, dass das Baystar-Investment auf eine Anregung Microsofts zurückgeht. Nach wie vor ist nicht klar, von wem das Geld eigentlich kommt. Baystar bezeichnet die Kapitalspritze als "Piped Investment", also von einem unbekannten Dritten durchgereicht. Von Anfang an gab es Spekulationen, dieser Dritte könne Microsoft sein, bisher deutet aber nichts direkt darauf hin.

Das Geschäft mit dem geistigen Eigentum lief im letzten Quartal eher bescheiden, die aktuellen Vierteljahreszahlen wiesen einen Umsatz von 20000 Dollar aus dem Verkauf so genannter Intelectual-Property-Lizenzen aus, bei einem Gesamtumsatz des Unternehmens von 11,4 Millionen Dollar und 2,3 Millionen Dollar Verlust. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren es nur etwas über 700000 Dollar Verlust.

SCO-Chef Darl McBride klagt jetzt auch gegen Linux-Anwender. Doch der Zweifel am Erfolg wächst.

Red Hat stellt Finanzexpertin ein

Joanne Rohde von der Investmentbank UBS wird bei Red Hat neuer Executive Vice President for Worldwide Operations. Rohde war vorher für allgemeines Management, IT-Leitung und Beschaffung bei UBS tätig und hatte ähnliche Positionen bereits bei Investmentbanken wie Warburg oder der Swiss Bank Corporation. Bei Red Hat wird Rohde weltweit die Organisation und die Firmenstrukturen aufbauen. (uwo)