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Der Lügenmonat |
Diesmal erscheint das Linux-Magazin genau am 1. April und eignet sich somit bestens für schlechte Scherze. Letztes Jahr kam die gleiche Nummer am dritten raus - zu spät. Das Heft davor wäre wieder zu früh erschienen, um den überraschten Leser in den April zu schicken. 2004 dagegen - bestens. Suchen Sie mal schön!
Als Hilfe nenne ich Ihnen meine heißesten Kandidaten, die mir durch ihr ausgeprägtes Abstrusitätspotenzial Münchhausenpreis-würdig erscheinen. Da wären die Ränkespiele in einem eingetragenen Linux-Lobbyverein (siehe Seite 14). Dessen Vorsitzender tritt friedlich im Januar von seinem Amt zurück und wird plötzlich im März mit solider Mehrheit wieder gewählt, woraufhin der Rest des Vorstands mordio! schreit und den Bettel hinschmeißt. Gibt es diesen "Linux-Verband" wirklich oder haben unsere Redakteure nur die Lokalmeldung über einen Kleintierzüchterverein frech umgeschrieben?
Für das nächste April-April-Ereignis muss man drei Gänge hochschalten, zum SCO-Bericht auf Seite 19: Er dokumentiert das Teilstück des Amoklaufs einer vergleichsweise kleinen, defizitären Firma gegen den Rest der Welt. Aktuell sollen nämlich der US-Autoteile-Händler Autozone und Daimler Crysler nach SCOs Vorstellungen bluten - der eine wegen angeblicher Copyright-Verletzung, der andere wegen Lizenzvertragsbruchs.
Dass beide Verfahren vor dem Abschluss der Auseinandersetzungen mit IBM und Novell zu Ende verhandelt werden können, glaubt wohl nicht mal SCO-Boss Darl McBright. Der hat sich - kein Scherz oder doch? - zwischenzeitlich eine Wumme zugelegt und checkt in Hotels unter falschem Namen ein, da er um sein Leben fürchtet. Die Killer vermutet er in der Linux-Community. Der smarte Sohn eines Cowboys vergleicht SCOs Kampf mit dem seiner Jugendzeit gegen Viehdiebe. Die muss es damals wohl reichlich gegeben haben. Denn McBright lässt sich mit der Ankündigung zitieren, dass Millionen von Linux-Anwendern mit einer Klage zu rechnen hätten. Fühlen Sie sich schon gut in den April geschickt? Wenn nicht, ich habe noch die Anzeige auf Seite 37 als "Ass des Monats" im Ärmel.
Schluss! Ich höre auf, Ihnen die Zeit mit einer Schnitzeljagd zu klauen. Alles ist echt an diesem Heft: Den Verein gibt es tatsächlich, der SCO-Chef ist bewaffnet und selbst die Microsoft-Anzeige ist nicht getürkt. Der letzte echte Aprilscherz im Linux-Magazin ist 2001 erschienen. Er beschrieb eine angebliche Kernel-Backdoor, eingeschmuggelt von einer Amerikanerin namens "April Lirpa". Die meisten Linux-Magazin-Leser konnten damals herzlich lachen.
Anders ein großer deutscher Distributionshersteller, der, obwohl überhaupt nicht im Text erwähnt, einige Tage brauchte, um den Wahrheitsgehalt des Artikels zu erkennen. Zwischenzeitlich regierte an der Hotline des Herstellers die blanke Konfusion. Einige Zeit später hatte ich ein eisiges Gespräch mit dem Firmenchef, aus dem ich die Erkenntnis mitbrachte, dass Aprilscherze im ganzjährig seriösen Linux-Magazin nicht zwingend jedermanns Sache sind.
Wie auch immer, Sie können weitersuchen oder es auch lassen - der 1. April 2004 verläuft bei uns sch(m)erzfrei. Am Ende meines kleinen Leser-Verwirrspiels ein Wort zum "Ass im Ärmel": Das Geld, das wir für die, natürlich echte, MS-Anzeige erhalten, spenden wir dem Debian-Projekt.