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Wenn eigener Download gegen internationale Patente verstößtFremdenverkehrFred Andresen |
Amerika ist böse - wer widerspricht? Natürlich nicht der ganze Kontinent, nur die USA. Und auch nicht wegen der Beutezüge im Nahen Osten, sondern wegen des imperialistische Gehabes - was bei Wertvorstellungen wie dem "American Way of Life" beginnt und beim Rechtssystem nicht endet. Onkel Sam exportiert sie weltweit, die Rechte, die in einem Staat, der das freie Unternehmertum postuliert, selbstverständlich auch die Rechte der Unternehmen und der Industrie sind, so wie heute alles weltweit gehandelt wird. Und saugt der Rest der Welt sie nicht begierig auf und übernimmt sie?
Europas neues Urheberrecht hält die Hand über Kopierschutzverfahren[1], sein Parlament diskutiert über Softwarepatente. Alles um den Welthandel zu fördern, denn der bringt Wohlstand und Arbeitsplätze. Messbar. Nicht so wie die Idealisten, die mit Open-Source- und freier Software ihr Auskommen finden wollen. So scheint es jedenfalls.
Trotz aller Gleichschaltung bestehen doch vereinzelt noch Unterschiede; ganz deutlich etwa bei den Softwarepatenten, die es in den USA massenhaft, im EU-Europa noch nicht richtig gibt, eigentlich gar nicht geben dürfte. Was ist, wenn das eigene Programm, stolz auf der Homepage veröffentlicht, ein US-Patent verletzt? Kommt man beim nächsten Urlaub zwar noch in die Staaten hinein, aber nicht mehr heraus?[2] Oder steht eines Tages der Büttel vor der Tür und pfändet drei Millionen Dollar Strafgeld?
Weil Programme in den USA patentiert werden, sind Verletzungen möglich, wenn man eigenen Code ins Netz stellt. Jedoch wirken Patente stets nur in dem Land, dessen Ämter sie erteilt haben, weil jedes Land nur fürs eigene Hoheitsgebiet Rechte gewähren darf. Ein Patent, das für die USA erteilt wurde, scheint also zunächst ohne Bedeutung.
Alle wichtigen Industrienationen machen heute bei internationalen Patentübereinkommen wie dem Patent Cooperation Treaty (PCT)[3] mit, das weltweite Patentierung ermöglicht: Eine einmalige Anmeldung sorgt dafür, dass ein Patent in jedem Staat erteilt wird. Eine Patentrecherche klärt, ob man nicht ein nationales PCT-Patent verletzt oder gar ein zweifelhaft erteiltes deutsches oder europäisches Softwarepatent, das dennoch erst mal gültig ist.
Die Verletzung eines solchen gewerblichen Schutzrechts führt zwangsläufig zu Schadensersatzansprüchen in Höhe der fiktiven Lizenzgebühren plus Aufgeld - und zwar der Lizenzgebühren für den weiteren Vertrieb, nicht für die bloße Benutzung. Das kann also richtig teuer werden. Die Online-Recherche im Katalog des Deutschen Patentamts (DPMA)[4] ist dagegen kostenlos, wenn auch nicht einfach.
Die Hauptarten eines Patents sind Erzeugnispatente, die ein Produkt in der gegenständlichen Form schützen, und Verfahrenspatente, die schützen, wie etwas hergestellt wird oder wie etwas arbeitet. Wenn Software überhaupt patentierbar ist, dann in der Form des Verfahrenspatents. Paragraph 9 des deutschen Patentgesetzes (PatG) schützt für Verfahrenspatente die Anwendung im Inland und das Anbieten des Verfahrens zur Benutzung im Inland. Das entspricht der nationalen Beschränkung der Patentrechte und findet sich auch in den entsprechenden internationalen Gesetzen und Verträgen wieder.
Konsequenz: Wessen Homepage von Amerika aus erreichbar ist, dessen Download ist zur Benutzung dort geeignet und auch gedacht - weil allgemein bekannt ist, dass alle Rechner im Internet für alle anderen zugänglich sind. Wer also ein geklautes Programm in Deutschland ins Netz stellt, verletzt das US-Patent, wenn es dort eins gibt. Und umgekehrt natürlich - von der Urheberrechtsverletzung mal abgesehen.
Das ist ein Bruch des Grundsatzes, dass Internetangebote nach dem Recht des Landes bewertet werden sollen, aus dem sie kommen. Wieder verknüpft das Internet, was einander ausschließt: Hier das Recht, etwas zu sagen oder zu tun, dort das entsprechende gegensätzliche Verbot - einschließlich des Verbots, es ins Land einzuführen.
Manche meinen, Patente wären nur im Geschäftsleben wichtig; läge keine gewerbliche Tätigkeit vor, wäre kein Patent verletzt. Paragraph 11 PatG nimmt "nichtgewerbliche Zwecke" zwar auch ausdrücklich aus der Schutzwirkung heraus, beschränkt das aber auf den "privaten Bereich". Und der reicht sicherlich nicht bis ins Internet.
Das bedeutet letztlich also doch ungebetenen Besuch an der Haustür: Was auch immer ein US-Gericht für gerechtfertigten Schadensersatz hält - das Urteil kann zunächst hier vollstreckt werden. Da ist man sich wieder einig.
Infos |
[1] Gesetzesdatenbank des BMJ: [http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/urhg/] [2] Verhaftung Dmitry Sklyarovs durch US-Behörden 2001: [www.freesklyarov.org] [3] Internationales Patentübereinkommen PCT: [http://www.wipo.int/pct/en/] [4] Informationsportal des DPMA: [http://www.dpma.de/service/dpinfo.html] |
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