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Rechtsstellung von angestellten Software-Entwicklern

Tux im Dienst

Till Jaeger

Sowohl das Urheberrecht als auch das Patentrecht enthalten Sonderregelungen für das Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Dem kommt bei der Lizenzierung als Open Source eine wichtige Rolle zu, aber auch bei der Softwarepatentierung.

Milo Hoffmann hat es in dem Film "Startup" vorgemacht: Als Angestellter des bösen Monopolisten N.U.R.V. gibt er in einer heimlichen Aktion seine gesamte dort entwickelte Software unter der GPL frei[1]. Wäre das in Deutschland rechtlich zulässig? Eine Frage, die uns zur Verteilung der Urheberrechte im Verhältnis von Arbeitnehmer und Arbeitgeber führt.

Nur wer die dafür erforderlichen Nutzungsrechte an der Software besitzt, kann sie auch lizenzieren - sonst ist die Rechtseinräumung unwirksam und der angebliche Lizenzgeber kann sich auch noch haftbar machen. Denn das deutsche Urheberrecht kennt keinen "gutgläubigen Erwerb" von Rechten. Daher ist bei der Lizenzierung von Software größte Sorgfalt nötig, nicht nur bei Aktionen wie im Film.

Freie Software ist von diesem Problem ganz besonders betroffen, da bei den meisten Projekten eine Vielzahl von Entwicklern mitarbeitet. Die fehlerhafte Lizenzierung nur einer Person kann schon dazu führen, dass die Nutzung der gesamten Software von dem wirklichen Rechtsinhaber als Urheberrechtsverletzung verboten werden kann. Erst die Bereinigung der entsprechenden Codeteile kann Abhilfe schaffen, wenn der eigentliche Rechtsinhaber sich der Nachlizenzierung verweigert.

Arbeitnehmer sind keine freien Mitarbeiter

Vor diesem Hintergrund ist die Frage, wer überhaupt Software unter Open-Source-Lizenzen stellen darf und welche Verträge dafür unter Umständen zuvor notwendig sind, für Unternehmen, aber auch für einzelne Programmierer von nicht zu überschätzender Bedeutung. Liegen nun die Rechte an der Software beim Arbeitgeber oder beim Arbeitnehmer? Nach § 69a Urheberrechtsgesetz (UrhG) gehen sämtliche Vermögensrechte an der Software, die der Arbeitnehmer "in Wahrnehmung seiner Aufgaben" entwickelt, automatisch auf den Arbeitgeber über.

Folglich hat auch nur der Arbeitgeber das Recht, die von seinen Angestellten entwickelte Software unter eine Open- Source-Lizenz zu stellen. Insoweit verbleiben beim Arbeitnehmer lediglich die persönlichkeitsrechtlichen Bestandteile der Urheberschaft, etwa das Recht auf Nennung seines Namens. Um das Verhältnis von Vermögens- und Persönlichkeitsrechten zu dokumentieren, kann ein Urheberrechtsvermerk etwa nach dem folgenden Muster verwendet werden: © Musterfirma GmbH. Autor: Erika Mustermann.

Die Verwertungsrechte an der Software verbleiben jedoch dann beim Arbeitnehmer, wenn die Software-Entwicklung zwar in der Arbeitszeit stattgefunden, aber nicht zum Aufgabenkreis des Entwicklers gehört hat und auch nicht nach den Anweisungen des Arbeitgebers erfolgt ist. Das OLG München hat in einem Urteil aus dem Jahr 2000 das Urheberrecht in diesem Sinne sehr arbeitnehmerfreundlich ausgelegt.

Diese Rechtsprechung ist allerdings nur von Relevanz, wenn der Arbeitsvertrag keine Rechtsklausel enthält, die dem Arbeitnehmer umfassend für alle in der Arbeitszeit geschaffenen Entwicklungen die Vermögensrechte zuweist. In der Praxis ist es dagegen durchaus üblich, dass sich der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag die Rechte an allen urheber- oder patentrechtlich geschützten Werken übertragen lässt.

An rein privat und außerhalb der Arbeitszeit erstellten Programmen verbleiben die Rechte natürlich beim Arbeitnehmer und er ist frei in der Wahl seines Lizenzmodells.

Freie sind keine Arbeitnehmer

Die Rechtslage bei Arbeitnehmern gilt ebenso für Beschäftigte im öffentlichen Dienst, aber nicht für freiberufliche Programmierer. An jeder Software-Entwicklung, die als Auftragsarbeit erfolgt, kommen dem Freelancer sämtliche Rechte zu, der Auftraggeber erwirbt Nutzungsrechte nur in dem vertraglich vereinbarten oder vorausgesetzten Umfang.

Das kann auch ohne ausdrückliche Rechtsklausel im Werkvertrag geschehen, im Zweifelsfall verbleiben die ausschließlichen Nutzungsrechte jedoch bei dem freien Entwickler, der folglich seine Software in den meisten Fällen nach Belieben auch unter einer Open-Source-Lizenz freigeben kann.

Abbildung 1: Szene aus dem Film "Startup": Milo Hoffmann (links) trickst seinen mächtigen Arbeitgeber aus.

Soll eine Software, die von einem freien Entwickler erstellt wird, durch den Auftraggeber als Open Source freigegeben werden, muss er sich die ausschließlichen Nutzungsrechte daran einräumen lassen. Zudem sollte die Absicht der Freigabe in dem Vertrag mit dem Entwickler ausdrücklich erwähnt werden, um allen eventuellen Streitpunkten aus dem Weg zu gehen.

Im Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ist auch das Thema zusätzliche Vergütung für beide Seiten von großem Interesse. Das neue Urhebervertragsrecht sieht in den §§ 32 und 32a UrhG einen Anspruch des Urhebers auf "angemessene Vergütung" vor. Dem Wortlaut nach sind diese Vorschriften nicht unmittelbar anwendbar, weil sie die "Einräumung von Nutzungsrechten" durch den Urheber vorsehen, die bei angestellten Programmierern aufgrund der gesetzlichen Regelung des § 69b UrhG gerade nicht erfolgt.

Urheber als Arbeitnehmer

UrhG § 69b - Urheber in Arbeits- und Dienstverhältnissen

(1) Wird ein Computerprogramm von einem Arbeitnehmer in Wahrnehmung seiner Aufgaben oder nach den Anweisungen seines Arbeitgebers geschaffen, so ist ausschließlich der Arbeitgeber zur Ausübung aller vermögensrechtlichen Befugnisse an dem Computerprogramm berechtigt, sofern nichts anderes vereinbart ist.

(2) Absatz 1 ist auf Dienstverhältnisse entsprechend anzuwenden.

Jedoch geht der Bundesgerichtshof davon aus, dass jedenfalls der "Bestsellerparagraph" des § 32a UrhG auch für angestellte Programmierer gilt[2]. Danach kann der Angestellte eine angemessene Beteiligung an den Einnahmen aus der Software verlangen, wenn sein Arbeitslohn dazu in einem "auffälligen Missverhältnis" steht. Was als "auffälliges Missverhältnis" anzusehen ist, ist angesichts dieser neuen Regelung noch nicht eindeutig abzuschätzen und muss erst durch die Gerichte bestimmt werden. Jedenfalls liegt bei weniger als der Hälfte des Angemessenen ein auffälliges Missverhältnis vor.

Nachgehakt

UrhG § 32a - Weitere Beteiligung d. Urhebers

(1) Hat der Urheber einem anderen ein Nutzungsrecht zu Bedingungen eingeräumt, die dazu führen, dass die vereinbarte Gegenleistung unter Berücksichtigung der gesamten Beziehungen des Urhebers zu dem anderen in einem auffälligen Missverhältnis zu den Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung des Werkes steht, so ist der andere auf Verlangen des Urhebers verpflichtet, in eine Änderung des Vertrages einzuwilligen, durch die dem Urheber eine den Umständen nach weitere angemessene Beteiligung gewährt wird. Ob die Vertragspartner die Höhe der erzielten Erträge oder Vorteile vorhergesehen haben oder hätten vorhersehen können, ist unerheblich.

(2) Hat der andere das Nutzungsrecht übertragen oder weitere Nutzungsrechte eingeräumt und ergibt sich das auffällige Missverhältnis aus den Erträgnissen oder Vorteilen eines Dritten, so haftet dieser dem Urheber unmittelbar nach Maßgabe des Absatzes 1 unter Berücksichtigung der vertraglichen Beziehungen in der Lizenzkette. Die Haftung des anderen entfällt.

Kein Ausverkauf bei Angestellten

Der Anspruch gilt nicht nur im Verhältnis zum Arbeitgeber, sondern auch gegenüber Dritten, wenn diese besondere wirtschaftliche Vorteile aus der Nutzung der Software ziehen. Noch offen ist die Frage, ob dies auch für freie Software gilt. Der Gesetzgeber hat durch die "Linux-Klausel" des § 32 Abs. 3 Satz 3 UrhG deutlich gemacht, dass die Urheberschutzvorschriften das Open-Source-Modell nicht behindern sollen[3].

Allerdings setzt die Vorschrift voraus, dass der Urheber selbst seine Software unter Open-Source-Lizenz stellt, wie es bei freien Programmierern der Fall ist. Erfolgt die Freigabe durch den Arbeitgeber - was wegen der Zuordnung der Rechte durch § 69b UrhG der Regelfall ist - dürfte der angestellte Programmierer auch weiterhin einen Anspruch auf angemessene Beteiligung besitzen, da nicht der Urheber die Lizenzierung vorgenommen hat und damit auch nicht entscheiden konnte, ob seine Software Open Source sein soll oder nicht.

Ob dies tatsächlich zu einem Anspruch gegen Dritte führen kann, die mit freier Software besonders hohe Einnahmen erzielen, ist in der Praxis jedoch fraglich. So beruhen etwa die Einnahmen von Distributoren nicht alleine auf der Nutzungsbefugnis, sondern auch auf zusätzlichen Leistungen wie dem Support oder auf der Arbeit der Software-Auswahl, die in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen sind.

Was ist angemessen?

UrhG § 32 - Angemessene Vergütung

(1) Der Urheber hat für die Einräumung von Nutzungsrechten und die Erlaubnis zur Werknutzung Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Vergütung. Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, gilt die angemessene Vergütung als vereinbart. Soweit die vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist, kann der Urheber von seinem Vertragspartner die Einwilligung in die Änderung des Vertrages verlangen, durch die dem Urheber die angemessene Vergütung gewährt wird.

(2) [...]

(3) Auf eine Vereinbarung, die zum Nachteil des Urhebers von den Absätzen 1 und 2 abweicht, kann der Vertragspartner sich nicht berufen. Die in Satz 1 bezeichneten Vorschriften finden auch Anwendung, wenn sie durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden. Der Urheber kann aber unentgeltlich ein einfaches Nutzungsrecht für jedermann einräumen.

Verträge: Eine gute Wahl

Um möglichen Problemen aus dem Weg zu gehen, empfiehlt es sich aber, durch eine vertragliche Regelung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass die Software durch den Arbeitnehmer und nicht durch den Arbeitgeber unter einer Open-Source-Lizenz freigegeben wird. Dies kann durch eine Rücklizenzierung geschehen, die dem Arbeitnehmer vorübergehend die zur Freigabe erforderlichen ausschließlichen Nutzungsrechte vermittelt.

Damit sind Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber nach § 32 UrhG, die nicht einmal ein "auffälliges Missverhältnis" voraussetzen, in jedem Falle ausgeschlossen. Auch im Anwendungsbereich des § 32a UrhG, in dem eine Linux-Klausel wohl vergessen wurde, kann so den Besonderheiten des Open-Source-Modells hinreichend Rechnung getragen werden. Bei einer entsprechenden Anwendung des § 32 Abs. 3 Satz 3 UrhG wird bei der Open-Source- Lizenzierung auf den Anspruch auf angemessene Vergütung verzichtet, ansonsten sind gemäß § 32a Abs. 2 UrhG jedenfalls die "vertraglichen Beziehungen in der Lizenzkette" zu berücksichtigen, sodass auch hier ein Anspruch auf zusätzliche Vergütung entfällt.

Abbildung 2: Beide Partner eines Arbeitsvertrags tun gut daran, Fragen des Urheberrechts vorab zu regeln.

Nachschlag bitte!

Anders ist die Situation bei Softwarepatenten. Hier hat der Arbeitnehmer aus den §§ 9 und 10 des Arbeitnehmererfindungsgesetzes[4] einen unverzichtbaren Anspruch auf angemessene Vergütung, wenn er seine Erfindung schriftlich meldet. Dieser Anspruch entsteht nicht erst beim Patentieren einer Erfindung, sondern bereits bei der "Inanspruchnahme" durch den Arbeitgeber, also bei der schriftlichen Erklärung über die Aneignung der Erfindung. Das kann bei der zurzeit sehr weit gehenden Patentierbarkeit von Software eine ganze Reihe von Entwicklungen betreffen[5]. Der Arbeitgeber muss nach der Erfindungsmeldung erklären, ob und in welchem Umfang er die Erfindung "in Anspruch nehmen will".

Gibt er innerhalb von vier Monaten nach der Meldung keine Erklärung ab, wird die Erfindung gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 3 ArbErfG frei und steht alleine dem Arbeitnehmer zu. Es ist sogar möglich, dass die Rechte aus bereits zum Patent angemeldeten Erfindungen auf den Arbeitnehmer übergehen und der Arbeitgeber leer ausgeht. Wird dagegen die Erfindung in Anspruch genommen, hat der Arbeitnehmer einen Vergütungsanspruch, der sich insbesondere an deren wirtschaftlichem Wert orientiert.

Das Arbeitnehmererfindungsrecht gibt dem Arbeitnehmer auf diese Weise einige Möglichkeiten an die Hand, unliebsame Softwarepatente zu verhindern oder zumindest wirtschaftlichen Druck durch die Vergütungsansprüche zu erzeugen. Diese bestehen unabhängig davon, wie der Arbeitgeber die Patente tatsächlich nutzt, also auch in dem Fall, dass lediglich ein breites Patentportfolio angelegt werden soll.

In der Praxis machen Arbeitnehmer ihre Erfinderrechte viel zu selten geltend und fördern damit indirekt die ausufernde Anmeldung von Softwarepatenten. Es ist daher ratsam, bei jeder Software-implementierten Neuerung eine Erfindungsmeldung vorzunehmen, um auf diese Weise entweder einen Obolus zu erhalten oder die Frage zu entscheiden, ob eine Software-Entwicklung patentiert werden soll oder nicht.

Auch wenn es also für spektakuläre Aktionen à la Milo Hoffmann keine rechtliche Basis gibt, verbleibt auch dem angestellten Programmierer noch eine Reihe von Rechten für die Durchsetzung seiner Interessen. Er muss sie nur wahrnehmen. (fan)

Infos

[1] Rezension: [http://www.linux-magazin. de/Artikel/ausgabe/2001/08/startup/startup.html]

[2] Das Urteil: [http://www.jurpc.de/rechtspr/20010254.htm]

[3] Urhebervertragsrecht ausführlich: [http://www.ifross.de/ifross_html/urhebervertragsrecht.pdf]

[4] ArbNErfG: [http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/arbnerfg/index.html]

[5] Überblick Softwarepatente: [http://www.linux-magazin.de/Artikel/ausgabe/2000/07/Patente/patente.html]

Der Autor

Dr. Till Jaeger ist Partner der Kanzlei JBB-Rechtsanwälte [www.jbb.de] in München und leitet das von ihm mitgegründete Institut für Rechtsfragen der Freien und Open Source Software (ifrOSS).