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Zahlen & Trends

Bewegung im SCO-Prozess

In einer ersten Anhörung hat das Bezirksgericht Utah die SCO Group aufgefordert, ihre Beweise gegen IBM vorzulegen. SCO wirft IBM vor, Geschäftsgeheimnisse von SCO verraten zu haben, indem Code aus SCOs Unixware in den Linux-Kernel geflossen sein soll. IBM bestreitet diese Vorwürfe.

IBM hatte mit SCO im Rahmen des "Project Monterey" zusammengearbeitet, um ein Unix-Betriebssystem für 64-Bit-Prozessoren zu entwickeln, das sowohl auf der IA64-Architektur als auch auf IBMs Risc-Prozessoren läuft. IBM beendete das Projekt später ergebnislos und entwickelte dafür AIX für 64-Bit-Prozessoren weiter.

SCOs Anwalt Kevin McBride, Bruder von SCO-Chef Darl McBride, konnte die Richterin nicht überzeugen, dass ein Vorlegen der Beweise für den Fortgang des Prozesses unerheblich ist. Er verlangte von IBM sogar, zusammen mit SCO diese Beweise erst zu finden. Richterin Brooke Wells forderte SCO auf, bis zum 12. Januar 2004 alle Beweise vorzulegen, die IBM als Nachweis der Verletzung von Geschäftsgeheimnissen verlangt. Der nächste Gerichtstermin findet am 23. Januar statt. Gegenstand des Prozesses ist nicht der angebliche Code-Diebstahl durch Linux-Entwickler, sondern nur die vermutete Vertragsverletzung durch IBM. Eine vollständige Abschrift der Anhörung und der Wortlaut des Urteils lässt sich unter [http://www.groklaw.net] nachlesen.

Weiter unter Druck geriet SCO, als sich Mitarbeiter der Groklaw-Website die Beiträge ansahen, die der ehemalige SCO-Entwickler Tigran Aivazian für den Linux-Kernel geleistet hat. Aivazian hat bestätigt, dass seine Arbeit als Maintainer vom Management seines ehemaligen Arbeitgebers - der alten SCO vor dem Kauf durch Caldera - genehmigt war. Der Entwickler hat unter anderem bereits seit 1998 teilweise an der SMP-Unterstützung mitgearbeitet, einem der wesentlichen Bereiche, auf die sich die Vorwürfe der heutigen SCO-Bosse beziehen.

Auch wichtige Teile des Kernel-Debuggers gehen auf Aivazian zurück, derartige Testwerkzeuge gehören ebenfalls zu den von SCO reklamierten Features von Linux.

Ein SCO-Entwickler arbeitete also nachweislich und mit Wissen des SCO-Managements schon Jahre vor IBMs Linux-Schwenk an den so genannten Enterprise Features, die Linux nach heutiger SCO-Lesart erst durch Vertragsbruch seitens IBM erreichen konnte.

Die Website Groklaw.net dokumentiert den kompletten Fall SCO ausführlich und zeitnah, inklusive wörtlicher Wiedergabe der Verhandlungen.

Support für Open Office

Sun Microsystems will künftig Support für das freie Office-Paket Open Office anbieten. Die Hilfestellungen richten sich in erster Linie an Firmenkunden und nicht an Privatnutzer.

Das Unternehmen ist derzeit dabei, die Preise für die Support-Leistungen auszuarbeiten. Bisher hatte sich Sun auf Support für sein offizielles Star Office konzentriert und Open Office als reines Open-Source-Projekt behandelt, obwohl die meisten Entwickler nach wie vor von Sun bezahlt werden.

Kein Lindows in Schweden und Finnland

Schwedische und finnische Gerichte haben einer einstweiligen Verfügung von Microsoft stattgegeben, den Verkauf der Linux-Distribution Lindows in den beiden Ländern zu untersagen. Microsoft sieht eine Verwechslungs-gefahr zu seiner Marke MS Windows. In den USA blieben ähnliche Bestrebungen bisher erfolglos, im nicht- englischen Sprachraum wird "Windows" stärker als Marke wahrgenommen. Microsoft will auch in den Niederlanden und Frankreich den Lindows-Vertrieb stoppen.

Xandros wird international

Xandros war mit dem Nachfolger der Corel-Linux-Distribution bislang vor allem auf dem nordamerikanischen Kontinent aktiv. Die neue Version Xandros Desktop 2.0 will das kanadische Unternehmen jetzt auch verstärkt in Europa sowie in Australien und Neuseeland verkaufen. Vertriebspartner in Deutschland sind die Firmen Ixsoft und LxPN.

Bernd Hentig von Ixsoft lobt an der auf Debian basierenden Distribution vor allem die Paketbehandlung und die Sicherheit. Die deutsche Version bezeichnet er als "die Windows-Alternative, auf die unsere Kunden lange gewartet haben". Sie soll laut Auskunft von LxPN Ende Januar verfügbar sein.

Den Xandros-Desktop gibt es derzeit als Deluxe-Edition inklusive Crossover Office zum Betrieb von Microsoft-Produkten wie Office oder Outlook und mit Handbuch sowie als Standardversion ohne diese Ergänzungen.

Suse-Verkauf: Verbranntes Geld

Für die institutionellen Anleger war der Verkauf der Suse Linux AG an Novell letztlich noch ein gutes Geschäft. Weniger glücklich dürften altgediente Mitarbeiter damit sein. Nach uns vorliegenden Informationen können nicht wenige von ihnen das Investment in ihren Arbeitgeber nahezu als Totalverlust verbuchen. So kostete eine Aktie Ende 1999 etwa 350 DM und im Sommer 2000 sogar über 1000 DM, nach der Restrukturierung im Jahr 2001 war sie noch 3,50 Euro wert. Zu diesem Kurs nahmen dann vor allem die institutionellen Anleger drei Kapitalerhöhungen vor. Es stand aber auch den Mitarbeitern offen, sich daran zu beteiligen.

Verkauft wird das ganze Paket schließlich an Novell für knapp 18 Euro pro Aktie. Freuen kann sich darüber vor allem das neue Management, von CEO Seibt heißt es, dass er sich mit 50000 Aktien zum Kurs von 3,50 Euro eingedeckt habe.

Die Chance, individuell etwas mehr zu erlösen, hatten die Kleinaktionäre nicht. Ein Vertrag sah vor, dass alle Aktionäre zu einem definierten Preis verkaufen müssen, wenn sich 75 Prozent des gesamten Kapitals auf ihn einigen. Institutionellen Anlegern und Gründern zusammen gehörten zuletzt etwa 80 Prozent der Anteile.

Software für Linux im Rechenzentrum

Immer mehr Softwarefirmen entwickeln Programme zur besseren Integration von Linux in großen Rechenzentren. Mit Opsware kam ein System zur automatischen Softwareverteilung und -konfiguration hinzu, das bisher für Solaris, HP-UX, AIX und die Servervarianten von Windows verfügbar war. Opsware, früher unter dem Namen Loudcloud firmierend, ist eine Gründung von Netscape-Erfinder Marc Andreessen und existiert seit 1999. Erster Vertriebspartner von Opsware System 4.0 für Linux wird HP sein, einer der vorrangigen Opsware-Partner und -Kunden.

Einen anderen Ansatz verfolgt die Covalent mit dem Covalent Application Manager (CAM). Die Software richtet sich an Betreiber großer Webserver und Serverfarmen und soll den kompletten Stack von Open-Source-Anwendungen, der dort typischerweise vorhanden ist, mit einem einzigen Interface managen. Zentraler Punkt ist der Apache-Webserver. CAM soll aber auch die Konfiguration von Linux übernehmen und außerdem Middleware wie den Java-Applikationsserver Tomcat und den J2EE-Server JBoss integrieren. Bei Datenbanken kann es außer MySQL auch Oracle-Systeme verwalten. Das Produkt ist außer für Linux auch für Solaris und Windows verfügbar und unterstützt dort neben dem Apache-Webserver auch den Internet Information Server von Microsoft.

Covalent ist eng mit dem Entwicklerteam von Apache verbunden und beschäftigt unter anderem Jim Jagielski, einen der Apache-Erfinder, William Rowe, der wesentliche Teile der Windows-Portierung des Webservers erledigt hat, und auch Doug MacEachern, den Schöpfer von »mod_perl«, einem der beliebtesten Apache-Module.

Neue Administrationssoftware soll für die weitere Verbreitung von Linux in Rechenzentren sorgen.

Novell wird OSDL-Mitglied

Nachdem sich Novell mit Ximian und Suse zwei der wichtigsten Open-Source-Unternehmen einverleibt hat, tritt der Konzern aus Utah jetzt auch den Open Source Development Labs (OSDL) bei. Novell will dort in der Arbeitsgruppe für das "Data Center Linux" mitarbeiten und sich am laufenden Aufbau einer Initiative für Linux auf dem Desktop beteiligen. Jeffrey T. Hawkins, ein Vice President von Novell, erhält einen Direktorensitz im Verwaltungsrat der OSDL.

LSB-Zertifizierung für Red Hat Enterprise

Red Hat Linux Enterprise v3 ist für mehrere Hardware-Plattformen nach der Spezifikation 1.3 der Linux Standard Base (LSB) zertifiziert worden. Laut Red Hat zählen dazu die x86-kompatible Hardware sowie Itanium 64-, IBMs I-Series-, S/390- und Z-Series-Plattformen.

Die LSB schafft einen distributionsunabhängigen Standard für das Verhalten der Kernfunktionen von Linux und der GNU-Tools, also der Basiswerkzeuge jeder Linux-Distribution, und eine einheitliche Dateihierarchie. Damit soll die Software-Entwicklung erleichtert und ein weiteres Auseinanderdriften der Linux-Versionen unterschiedlicher Hersteller begrenzt werden.

Im Gegensatz etwa zu Suse oder Mandrake stand Red Hat in der Vergangenheit den Bemühungen der Free Standards Group (LSB ist ein Teil davon) um Standardisierung eher abwartend gegenüber, dennoch haben auch frühere Red-Hat-Versionen ab 2002 LSB-Zertifizierungen erhalten. Jetzt ist Red Hat sogar der Hersteller, der auf den meisten Plattformen LSB-konform ist. Am Board of Directors der Linux Standard Base ist aber nach wie vor kein Red-Hat-Mitarbeiter beteiligt.

Der standardisierte Pinguin (links oben) ist das Wappentier des LSB-Projekts.

Wind River tritt Eclipse und OSDL bei

Wind River ist neues Mitglied im Eclipse-Konsortium, einer Tools-Gemeinschaft für offene Technologien. Die Zusammenarbeit im Eclipse-Konsortium wird sich auf das Erstellen von Embedded-Tools und -Produkten konzentrieren.

Durch den Beitritt zu Eclipse will Wind River es weltweiten Unternehmen ermöglichen, ihre Embedded-Entwicklungen auf einer einzelnen, auf offenen Standards basierenden integrierten Entwicklungsumgebung zu standardisieren.

Außerdem ist Wind River den Open Source Development Labs (OSDL), einem weltweiten Konsortium aus Kunden und führenden Technologie-Unternehmen, das den verstärkten Einsatz von Linux verfolgt, beigetreten.

Linux in München: Im Frühjahr geht's los

Ab Frühjahr 2004 soll bei der Stadt München die Umstellung von Clients und Servern beginnen. Die Entscheidung für Linux fiel bereits im Mai 2003, aber die Mühlen der städtischen Bürokratie mahlen langsam und so entstand bis Ende des Jahres ein Feinkonzept der Umstellung, das der Stadtrat im Anschluss noch billigen muss. Verantwortlich für das Konzept ist das Münchner Amt für Informations- und Datenverarbeitung, methodische und technische Unterstützung kommt von IBM und Suse.

Open-Source-Studien der Uni Münster

Zwei Studien des "Muenster Institute for Computational Economics" der Universität Münster setzen sich mit dem dem volkswirtschaftlichen Effekt von Open-Source- sowie Microsoft-Software auseinander. Beide Studien entstanden im Auftrag von Microsoft. In "Open Source Software, eine volkswirtschaftliche Betrachtung" kommen die Autoren auf 105 Seiten zu dem Schluss, dass es nicht Aufgabe des Staates sein soll, in seiner Rolle als IT-Nachfrager Open-Source-Software zu fördern. Vielmehr sei es seine Aufgabe, bestehende Monopole unangetastet zu lassen: "Die staatliche Begünstigung/Subventionierung von Wettbewerbern in hochkonzentrierten Märkten ist kein Instrument der Wettbewerbspolitik ..."

Auch unterstellt die Studie schon in ihrem ersten Satz den Befürwortern freier Software pauschal ein marktzerstörerisches Grundanliegen: "... durch die freie Verfügbarkeit des Quellcodes soll gerade das Entstehen eines preisgesteuerten Softwaremarktes verhindert werden." In diesem preisgesteuerten Markt hingegen wird der Kunde als Souverän beschworen, der in einem Marktprozess durch seine Entscheidungen Einfluss nehmen kann. Inwieweit diese Entscheidungsfreiheit der bisherigen Realität beispielsweise bei Desktop-Betriebssystemen entspricht, bleibt offen. Die von Wissenschaftlern angefertigte Studie ist außerdem nicht ganz frei von direkter Polemik, so zum Beispiel in der Überschrift "Nicht kostenlos, aber manch- mal umsonst".

Die zweite Studie unter dem Namen "Die Bedeutung der Microsoft Deutschland GmbH für den deutschen IT-Sektor" lobt die Arbeitsplätze schaffenden Qualitäten von Microsoft. Als Beweis führt das Institut die vielen Arbeitsplätze bei Microsoft-Partnern an, die einen höheren Umsatz erwirtschaften als der Durchschnitt des IT-Sektors (siehe auch Gastkommentar, Seite 76 in diesem Heft). (uwo)